Ein Kommentar von Birgit Marschall:
Mit dem zweiten Rettungspaket für Griechenland kaufen die
Euro-Staaten vor allem Zeit – Zeit, die sie dringend benötigen, um
die Euro-Schwergewichte Italien, Spanien und Frankreich endgültig
immun zu machen gegen die Ansteckungsgefahr, die von Griechenland
ausgeht. Gelingt es, die Anleger an den Kapitalmärkten zu überzeugen,
dass Griechenland in der Euro-Zone ein Sonderfall ist und bleibt,
dürfte der Euro im Spätherbst das Gröbste überstanden haben – so
lautet das Kalkül. Griechenland allein mutet trotz aller
Rettungsbemühungen an wie ein hoffnungsloser Fall. Mit Sparpaketen
und Strukturreformen dürfte das Land wirtschaftlich nicht wieder auf
die Beine kommen, dazu bräuchte es ein EU-Investitionsprogramm, das
den Namen verdient. Athen ist zudem rein administrativ nicht in der
Lage, die zugesagten Reformen wirklich umzusetzen. Die Wahl im April
macht viele der heutigen Zusagen ohnehin obsolet: Fast sicher ist,
dass nach der Wahl keine der Parteien mehr regiert, die heute die
Umsetzung der Reformen zugesagt hat. Wenn die Gefahr für den Euro
endgültig gebannt ist, wird die Staatengemeinschaft erneut vor der
Wahl stehen, ob nicht eine so weit es geht geordnete Insolvenz für
Griechenland die bessere Lösung ist.
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