Rheinische Post: Kommentar: Fataler Irrweg

Der Schritt war überfällig. Dass der
Nachbarschaftswächter George Zimmerman vor ein Gericht gestellt wird,
ist selbstverständlich. Er hat einen Menschen erschossen, und dass
man ihn nach kurzem Pflichtverhör laufen ließ, war ein Skandal.
Seiner Darstellung, er habe aus Notwehr gehandelt, konnte der tote
Teenager Trayvon Martin nichts mehr entgegensetzen. Unglaublich, wie
nonchalant Floridas Behörden mit dem Fall umgingen, bevor eine
Protestwelle sie zum Umdenken zwang. Nun muss Zimmerman ein faires
Verfahren bekommen, auch das versteht sich von selbst. Die Lautstärke
der Proteste draußen darf die Geschworenen im Gerichtssaal nicht
beeinflussen. Auf den Prüfstand gehört aber auch jenes absurde
Gesetz, auf das sich der Todesschütze berief: der
Stand-your-ground-Paragraf, wonach straflos von der Waffe Gebrauch
machen kann, wer sich im eigenen Wohnviertel bedroht fühlt –
wohlgemerkt: fühlt. Als Florida ihn 2005 als erster US-Staat
einführte, feierte die Waffenlobby einen historischen Sieg. Seitdem
hat sich die Zahl so genannter gerechtfertigter Tötungen, begründet
mit Notwehr, fast verdreifacht. Dieser fatale Irrweg hat der
Selbstjustiz Tür und Tor geöffnet. Höchste Zeit, dass er
verschwindet.

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