Rheinische Post: Schavan gelingt ein Abgang in Würde = Von Eva Quadbeck

Schavan ist viel zu lange im politischen
Geschäft, als dass sie nicht wüsste, wann die Zeit gekommen ist, ein
Amt aufzugeben. Zu viele Kollegen hat sie an ihren Sesseln kleben und
dann doch gehen sehen. Ihr selbst gelang es, den eigenen
unfreiwilligen Abgang würdevoll zu gestalten. Sie geht erhobenen
Hauptes und ihr wird zu Recht viel Gutes hinterhergerufen. Mit ihrem
Rücktritt hat Schavan der Kanzlerin einen letzten Dienst erwiesen. Im
Wahljahr kann die Union keine Forschungsministerin gebrauchen, die
sich vor Gericht mit einer Universität um ihren Doktortitel streitet.
Schavan war zum Glück klug genug, dies zu erkennen. Dafür gebührt ihr
Respekt, zumal sie sich zutiefst ungerecht behandelt sieht. Ihr Amt
ist futsch. Um ihre Ehre will sie weiter kämpfen. Für Merkel ist der
Abgang bitter. Schavan war in dieser Regierung einer der letzten
Felsen in der Brandung aus Streit, beschädigtem Spitzenpersonal und
Niederlagen in den Ländern. Mit Schavan verliert die Kanzlerin eine
Weggefährtin, die ihr den Rücken freigehalten hat. Fachlich wird
Schavan gut ersetzt. Ihr politisches Gespür aber, ihr pragmatisches
Vorgehen in Konflikten und ihre Seismographen-Funktion für die
Kanzlerin kann keiner so rasch übernehmen.

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