Kommentar von Matthias Beermann
Wie weit muss man einen Menschen treiben, bis er sich mit Benzin
übergießt und anzündet? Was muss in einer 17-Jährigen vorgehen, die
ihrem jungen Leben auf diese grausame Weise ein Ende setzt? Für
Chinas Führung sind die Tibeter, die sich aus Protest gegen die
Gängelung ihres Volkes selbst verbrennen, Fanatiker, die vom Dalai
Lama zu ihren Taten angestiftet wurden. Eine absurde Unterstellung,
auch wenn es der geistige Führer der Tibeter vermeidet, die
Selbstverbrennungen zu verurteilen – vor allem mit Rücksicht auf die
Angehörigen der Toten. Sie begreifen die Tat als Opfer. Dahinter aber
steckt, was Menschen zum Äußersten treibt: Verzweiflung. Offenbar
sehen gerade viele junge Tibeter keine Perspektive mehr für ein
Leben, das ihnen lebenswert erscheint. Eigentlich müsste das ein
Alarmsignal für die Regierung sein, aber die wartet zynisch auf den
Tod des Dalai Lama – im irrigen Glauben, dann regle sich das Problem
von selbst. Kritik aus dem Westen verbittet sich Peking. Aber wir
sind zur Mahnung verpflichtet: Ohne Dialog wird dieser kulturelle
Konflikt nicht zu lösen sein.
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