Wenn nur ein Populist wie Horst Seehofer die
richtigen Fragen stellt, dann stimmt etwas nicht mit unserer
politischen Kultur. Während viele Deutsche im
Flüchtlings-Willkommens-Glück zu schwelgen scheinen, äußert der mit
dem rechten Rand kokettierende bayerische Ministerpräsident Zweifel.
Warum tun die anderen das nicht? Fürchten sie schlafende Hunde zu
wecken, wenn sie fragen, ob wir das schaffen?
Die deutsche Flüchtlingspolitik wird seit der Ankündigung der
Bundeskanzlerin, die in Ungarn Festsitzenden könnten zu uns kommen,
in aller Welt gepriesen. Die Deutschen erscheinen nicht mehr als die
Hässlichen, die sie seit dem Zweiten Weltkrieg waren. So sehr sich
die CDU und ihre Vorsitzende bisher um das Thema gedrückt haben, so
unkritisch und naiv gehen sie jetzt mit der Flüchtlingsfrage um,
selbst wenn nun Grenzkontrollen eingeführt werden. Merkel wirkt wie
jemand, der zum ersten Mal ein Handy ausprobiert, nachdem alle
anderen seit Jahren mit einem solchen Gerät hantiert haben. Jetzt
probiert sie eben das Flüchtlingsthema aus. Dass aber die
Bundesregierung monatelang die Bundesländer mit dem Problem
alleingelassen hat, und viele Landesregierungen die Kommunen mit den
zugeteilten Flüchtlingen alleine ließen, haben Ministerpräsidenten,
Oberbürgermeister und Landräte nicht vergessen.
Genau in diese Kerbe haut Seehofer, wenn er und die Seinen sagen,
es werde unmöglich, den Korken wieder auf die Flasche zu bekommen und
man müsse über Risiken und Nebenwirkungen des Ansturms von
Flüchtlingen sprechen. Dass die CSU aus durchsichtig populistischem
Kalkül handelt, macht aber ihre Bemerkungen und Fragen nicht falsch.
Würden die CDU, die SPD und die Grünen, vielleicht noch Kirchen
und Helferkreise so reden, überließen sie nicht Seehofer das Feld.
Die Kümmerer in Politik und Gesellschaft müssen erkennen, dass es
fatal wäre, wenn nur die Seehofers der Republik die richtigen Fragen
stellen, während der Rest aus Sorge vor einer hitzigen Debatte
schweigt.
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