Schwäbische Zeitung: Brandreden sanieren nicht – Leitartikel

Das Vokabular lässt das Schlimmste befürchten.
Einen Scherbenhaufen will der baden-württembergische Finanzminister
Nils Schmid von der schwarz-gelben Vorgängerregierung übernommen
haben und verweist auf den aktuellen Schuldenstand in Höhe von 43
Milliarden Euro. Taschenspielertricks aber werfen ihm die
Oppositionsparteien vor. Auch Luftbuchungen und eine
Haushaltspolitik, die an die Hoffnung eines Lottospielers auf den
Höchstgewinn erinnerten.

Die Wahrheit liegt, wie so häufig in der Politik, zwischen den
extrem weit auseinanderliegenden Polen. Ganz so unsolide, wie CDU und
FDP behaupten, wirtschaftet die grün-rote Landesregierung nicht. Sie
hat zum Teil schmerzhafte Einsparungen im Personalbereich
beschlossen, mit allen damit verbundenen Drohungen und Protesten der
Betroffenen. Sie nimmt aber noch in diesem Jahr neue Kredite auf –
trotz sprudelnder Steuereinnahmen. Erst zum letztmöglichen Termin
2020 will sie die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse
einhalten.

In einem Punkt trifft die Opposition einen wunden Punkt. In Nils
Schmids mittelfristiger Planung findet sich ein bedenklich wackeliger
Posten. 400 Millionen Euro schrieb er sich schon mal in der Hoffnung
auf Steuererhöhungen gut. Bei den Verhandlungen mit der Union über
eine Große Koalition in Berlin aber hat sich seine SPD nicht
durchgesetzt. Das Argument, dass über andere Leistungen mehr Gelder
nach Baden-Württemberg fließen werden, ist schwach. Das Gros dieser
Mittel ist zweckgebunden.

Im Kern aber müssen Bund und Länder tatsächlich die komplizierten
Finanzverflechtungen von Grund auf neu ordnen. Soli,
Länderfinanzausgleich und andere Regeln laufen 2019 aus. Gerechtere
und leichter kontrollierbare Modelle müssen her. Das kann nur
gemeinsam gelingen – im föderalen Sinne und parteiübergreifend. Die
heutige Struktur macht das Haushalten – zumindest für die Länder –
nicht einfach, erleichtert aber Brandreden. Auf die aber kann gerne
verzichtet werden.

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