Schwäbische Zeitung: Der Staat und die Gotteskrieger – Leitartikel

Fiktives Szenario: Die christlichen Kirchen
beschließen gemäß ihrem Missionierungsauftrag, den rund 2500 in
Deutschland lebenden Salafisten Bibeln zu überreichen, verbunden mit
der freundlichen Aufforderung: „Lies!“. Oder die wenigen in
Saudi-Arabien lebenden Christen beschließen, in der geistigen Heimat
des Salafismus das Neue Testament unter ihre muslimischen Mitbürger
zu bringen. Beide Vorhaben würden tendenziell eher unerfreulich
enden. Aber diese Gedankenspiele, so naheliegend sie sein mögen, sind
irrational und irreal – ein untauglicher Reflex.

Wie sieht dann die rationale Reaktion auf den propagandistischen
Missionierungsversuch der radikal-islamischen Salafisten, die sich in
großer Zahl als Gotteskrieger verstehen, aus? Die FDP meint mit
Verweis auf die Religionsfreiheit, man solle sie einfach gewähren
lassen. Union, SPD und Grüne sehen die Angelegenheit weit kritischer.
Heinz Fromm, der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz,
stellt lapidar fest, nicht jeder Salafist sei ein Terrorist, aber
fast alle islamischen Terroristen würden dieser Islam-Variante
anhängen. Anzumerken wäre noch, dass die salafistischen Vorstellungen
von Staat und Gesellschaft verfassungsfeindlich sind.

Also: Wie reagieren? Im Prinzip hat die FDP recht – notgedrungen.
Man wird nämlich nicht verhindern können, dass der unkommentiert
übersetzte Koran verteilt wird – von wem auch immer. Da greift in der
Tat die Religionsfreiheit. Aber: Untätig darf der Staat nicht
bleiben. Er muss die Aktion der religiösen Extremisten begleiten. Mit
Aufklärung über ihr Weltbild, über ihre Ziele, auch über die
Verbrechen, die in ihrem Namen begangen wurden. Die Herrschaften
haben bereits begonnen, kritische Journalisten per Internet zu
beschimpfen und ihnen zu drohen. Das ist schlicht ein Fall für die
Strafverfolger. Nebenbei wäre es auch sehr interessant zu erfahren,
wer den millionenfachen Druck der Koran-Bücher finanziert.

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