Schwäbische Zeitung: Ein verletzter Kandidat – Kommentar

Sich auch einmal schwach zu zeigen, kann einen
starken Eindruck hinterlassen. Zumal, wenn es niemand erwartet. Peer
Steinbrück, das war doch der harte, der zupackende, der Raubautz, der
vor Jahren einmal die Heulsusen in seiner Partei zur Ordnung gerufen
hat. Und der sitzt jetzt in aller Öffentlichkeit da mit Tränen in den
Augen, weil seine Frau ihn gegen all die ungerechten Angriffe der
Welt verteidigt, weil sie zu ihm steht. Steinbrück zeigt, dass auch
ein Machtmensch keine Maschine ist. Sigmar Gabriel hat wenig
verstanden, wenn er Steinbrück für die Einblicke in seine Seele
dankt, statt einfach mal Entschuldigung zu sagen. Dafür, dass er sich
nach wie vor selbst für den besseren Kandidaten hält und das in jedem
Interview durchblicken lässt. Dass es auch an ihm liegt, wenn
Steinbrück angeschlagen ist.

Wie aber soll eine Partei ihre Inhalte gut herüberbringen, wenn
sie immer wieder nur mit sich selbst beschäftigt ist? Wie will sie
eine Kanzlerin schlagen, die ihre Partei wie einen einzigen
Wahlverein hinter sich schart? Die Sozialdemokraten sollten den
Wahlkampf mit Anstand zu Ende bringen. Und sich notfalls an Gertrud
Steinbrücks Rat orientieren, jetzt das Ding auch durchzuziehen.

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