Die Debatte um Doping im bundesdeutschen
Leistungssport mutet weltfremd an. Die Positionen von ehemals
Aktiven, Sportfunktionären oder Politikern sprechen auf eine
besondere Art und Weise für sich: Es gab und gibt in der Sportwelt
aus unterschiedlichsten Gründen viele Grauzonen. Ethisch betrachtet,
dürfte es beim sportlichen Wettbewerb aber nur Schwarz und Weiß
geben. Wer dopt, betrügt den Gegner wie die Zuschauer und muss
lebenslang gesperrt werden. Diese im Grunde gar nicht radikale
Forderung ist leider naiv. Denn es geht nicht nur um Ruhm und Ehre,
sondern auch um extrem viel Geld.
Und dann ist da noch die Gesellschaft, die Sieger sehen will,
damit sie ihr eigenes Selbstwertgefühl steigern kann. In fast allen
Lebensbereichen wird Scheitern kurzfristig hingenommen, langfristig
jedoch verdammt. Vor dem Fall der Mauer war es inakzeptabel für die
Bundesbürger, dass die eigenen Athleten denen aus der DDR jahrelang
unterlegen waren. Auch heutzutage wäre es den meisten Fans schwer zu
vermitteln, wenn ein deutscher Kraftmeier in irgendeiner Sportart
grundsätzlich hinter den Rivalen aus Zwergstaaten liegen würde.
Deshalb wird mit verbotenen Substanzen zur Leistungssteigerung
experimentiert. Im Profi- wie im Amateursport.
Zwei Möglichkeiten stehen zur Auswahl: Doping legalisieren, denn
dann haben theoretisch alle die gleiche Ausgangsposition. Oder dem
Doping konsequent den Kampf ansagen. Dieser Weg ist kompliziert und
ohne Erfolgsgarantie. Wer aber auf den Vorbildcharakter des Sports
setzt, der hat keine andere Wahl. Wer Kindern und Jugendlichen
vermitteln möchte, dass es sich lohnt, sich auf faire Art zu messen,
der muss das Doping verdammen. Damit geht es ans Eingemachte unseres
Sportkonsums.
Heute startet die Leichtathletik-WM. Zweifel an Jamaicas
Sprintstar Usaine Bolt scheinen erlaubt, dennoch wird live berichtet.
Und wer glaubt ernsthaft, dass der Fußball eine dopingfreie Zone ist?
Was bedeutet das für die Sportschau oder das Aktuelle Sportstudio?
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de