Bundespräsident Christian Wulff hat sich mit
jüngsten Aussagen zu einem kostenlosen Urlaubsaufenthalt im Jahr 2008
erneut in Widersprüche verwickelt. Wie das Hamburger Magazin „stern“
in seiner neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe berichtet, passt
Wulffs Darstellung in seinem Fernsehinterview am vergangenen Mittwoch
nicht vollständig zu den Fakten. Anders als von ihm dargestellt,
hatten er und seine frisch angetraute Frau Bettina die „Villa Lupo“
des Versicherungsmanagers Wolf-Dieter Baumgartl im italienischen
Castglioncello sehr wohl zumindest zeitweise für sich und wurden
überdies vom Hauspersonal der Baumgartls umsorgt.
Die Eheleute Baumgartl seien „während des Aufenthalts der Eheleute
Wulff“ nur „teilweise anwesend“ gewesen, räumten Wulffs Anwälte jetzt
gegenüber dem „stern“ ein. Sie gaben außerdem zu, dass auch das
Hauspersonal der Villa „einige Dienstleistungen für das Ehepaar Wulff
erbracht hat“. In seinem TV-Interview hatte Wulff davon gesprochen,
dass er und seine Frau in Italien bei Freunden zu Gast gewesen seien,
um „mit den Freunden zusammen zu kochen, zu frühstücken, im
Gästezimmer zu schlafen“.
Baumgartl war Vorstandschef und ist seit 12. Juli 2006
Aufsichtsratschef des Hannoveraner Versicherungskonzerns Talanx. Für
die Interessen der niedersächsischen Versicherungswirtschaft hat sich
Wulff nach Informationen des „stern“ deutlich intensiver eingesetzt
als bisher bekannt. Als Talanx im Sommer 2006 nach der Übernahme des
Kölner Versicherers Gerling entscheiden musste, wie das
Konzernpersonal auf die verschiedenen Standorte verteilt wird, führte
Wulff offensichtlich auch Gespräche mit Baumgartl.
Er führe „sehr viele Gespräche“, auch „mit den
Vorstandsvorsitzenden“ der Versicherungskonzerne im Land, sagte Wulff
am 11. Juli 2006 im niedersächsischen Landtag. Energisch setzte er
sich vor den Abgeordneten gegen Pläne der damaligen
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) ein, mit einem Gesetz
über den Versicherungsvertrag das Geschäft der Assekuranzen stärker
zu regulieren. Zypries habe da „völlig überzogene Ansprüche“, sagte
Wulff laut Protokoll. Der örtliche „Versicherungsstandort“ sei
„besonders attraktiv“, erklärte Wulff – auch wenn er über seine
Bemühungen „bedauerlicherweise keine Details“ nennen könne. Es habe
sich aber – auch im Fall Talanx – gezeigt: „Von Hannover aus kann man
gute Geschäfte machen.“
Irreführend war nach Recherchen des „stern“ überdies Wulffs
Behauptung in seinem TV-Interview, Baumgartl sei „sozusagen
Pensionär“. Baumgartl ist tatsächlich bis heute nicht nur
Aufsichtsratschef von Talanx, er sitzt auch in den Aufsichtsräten der
wichtigen Töchter HDI und Hannover Rück. Sowohl bei ihr wie bei der
Konzernmutter hat er überdies den Vorsitz wichtiger
Aufsichtsratsausschüsse. Im Jahr 2008, in dem Baumgartl Wulff seine
Villa überließ, kassierte er dafür bei der Hannover Rück insgesamt
laut Geschäftsbericht 243.000 Euro.
Die Vorabmeldung ist nur mit der Quellenangabe „stern“ frei.
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