Südwest Presse: KOMMENTAR · EURO-GEGNER

Zu kurz gesprungen

Als sich im Februar ein paar mehr oder weniger prominente
Euro-Gegner entschlossen, die Parteienlandschaft mit einer neuen
Formation unter dem Namen „Alternative für Deutschland“ aufzumischen,
waren einige Demoskopen so kühn, der konservativ-bürgerlichen
Protestbewegung ein Potenzial von bis zu 15 Prozent bei der
bevorstehenden Bundestagswahl zu prognostizieren. Keine 70 Tage vor
dem 22. September aber könnte die junge Partei ihre beste Zeit
bereits hinter sich haben. Zwar kann in den nächsten zweieinhalb
Monaten noch viel passieren, doch die Zeichen stehen nicht günstig
für die AfD. Die bekennenden Euro-Kritiker hätten wohl nur eine
Chance, die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen, wenn sich die Lage um
die Gemeinschaftswährung insgesamt oder um die am stärksten
kriselnden Euro-Länder des Südens noch dramatisch zuspitzt. Ansonsten
wird die Strategie der Bundeskanzlerin verfangen, das Thema
Euro-Rettung möglichst aus dem Wahlkampf herauszuhalten und den
Bürgern einen entspannten Wohlfühlsommer zu vermitteln. Die Partei,
die sich bei ihrer Gründung darauf beschränkte, die fraglos
vorhandenen Risiken des Euro groß und schrill an die Wand zu malen,
springt im Auge des betrachtenden Wählers offenbar zu kurz mit ihrem
Monothema. Diese Erfahrung mussten zuletzt auch schon die Piraten
machen. Und Angela Merkel ist clever genug, den unliebsamen
Konkurrenten aus dem bürgerlichen Lager allen Wind aus den Segeln zu
nehmen, indem sie das Wort von der Euro-Krise meidet und alle
Probleme mit den notorischen Schuldenstaaten für beherrschbar erklärt
– jedenfalls bis zum 22. September, 18 Uhr.

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Südwest Presse
Ulrike Sosalla
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