Südwest Presse: KOMMENTAR · PFLEGE

KOMMENTAR · PFLEGE

Mehr als satt und sauber War das schon der Schlusspunkt im „Jahr
der Pflege“? Der frühere FDP-Gesundheitsminister Philipp Rösler hatte
dieses für 2011 ausgerufen – zurecht -, weil so vieles in diesem
Bereich im Argen liegt. Die jetzt erzielte schwarz-gelbe Einigung
jedoch irritiert. Festgezurrt wurden nur finanzielle Aspekte. Für
alle wird die Pflegeversicherung teurer. Ein Ergebnis, das an
Phantasielosigkeit kaum zu unterbieten ist. Demenzkranke Menschen
sollen zum Ausgleich mit etwas mehr Unterstützung rechnen können.
Absehbare Versorgungsrisiken werden an eine private
Zusatzversicherung delegiert. Ist damit alles gut in puncto Pflege?
Mitnichten. Das Pflegesystem krankt am Fundament. Welche Pflege
brauchen wir? Ist eine der zentralen Fragen. Wie können individuelle
Bedürfnisse besser berücksichtigt werden? Nicht jeder Hilfsbedürftige
will partout täglich rasiert werden, nur weil dies im
Leistungskatalog der Kassen so vorgesehen ist. Pflege heißt mehr als
„satt und sauber“. Die Fachleute kritisieren seit Jahren das in
Minuten gefasste, allzu starre Versorgungsraster. Allein es fehlt die
Einigung auf einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff. Er muss neben
körperlichen Beeinträchtigungen auch psychische Erkrankungen
erfassen, wie das Beispiel Demenz sichtbar macht. Um all das drückt
sich die Koalition. Sie begnügt sich mit Finanzrochaden.
Regierungskunst sieht anders aus.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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