Südwest Presse: KOMMENTAR · WERKVERTRÄGE

Guter Ruf in Gefahr

Juristisch ist Daimler wohl fein raus. Der Autobauer beauftragt
einen Dienstleister, der für ihn Fahrzeuge testet. Sicherlich, so die
Annahme, werden dabei alle Gesetze eingehalten, Sozialbeiträge
entrichtet und Steuern gezahlt. Dem Autokonzern spart dieses
Arrangement Geld. Und wenn kein Bedarf an Testfahrern mehr da ist,
sind die Fremden auch schnell wieder weg. Doch es gibt noch eine
andere Komponente, und die sollte Daimler nicht vernachlässigen: das
Image. Um Autos luxuriös, sportlich und zeitgemäß wirken zu lassen,
wird viel Geld ausgegeben. Wie passt es da, dass Testfahrer mit sehr
geringen Stundenlöhnen in Limousinen für 100 000 Euro sitzen? Wie
klingt da der Konzernslogan „Das Beste oder nichts“? Wieso unternimmt
die Compliance-Abteilung, die sich um die Einhaltung von sozialen
Richtlinien kümmern soll, nichts? Staatsanwaltschaften und Zoll
ermitteln seit Monaten gegen zweifelhafte Geschäftspraktiken von
Fahrversuchs-Firmen. Die Antwort ist so banal wie erschütternd:
Werkverträge mit Mini-Löhnen sind heute Alltag. Sie lösen Leiharbeit
ab. In manchen Branchen, etwa der Fleischindustrie, gibt es mehr
externe als eigene Mitarbeiter. Werkverträge greifen auch bei
Paketzustellern, Lkw-Fahrern und Software-Entwicklern um sich. Das
alles entlässt Daimler nicht aus der moralischen Verantwortung. Der
Konzern muss umkehren und darf seinen Ruf nicht verspielen.

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Südwest Presse
Ulrike Sosalla
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