Beeinflusst eine zufällig befragte Gruppe von 500
Geschäftsführern den Ausgang der Bundestagswahl? Natürlich nicht. Der
aus der Umfrage abgeleitete Trend, „die“ Wirtschaft sei gegen einen
Machtwechsel im Kanzleramt, ist bestenfalls eine kurzlebige
politische Momentaufnahme. Man wünscht dem Land die Gelassenheit, die
nicht zuletzt der Regierungschefin Angela Merkel selbst zueigen ist,
im Umgang mit solcher Kaffeesatzleserei. An der Schwelle des
Wahljahres 2013 tun wir allerdings gut daran, uns auf inflationären
Umgang mit dem Instrument Meinungsumfrage gefasst zu machen. Denn
viele der mehr oder weniger repräsentativ aufgezeigten Trends haben
das Zeug zur schnellen, wenngleich kurzlebigen Schlagzeile. So
belastbar wie die seit Jahrzehnten regelmäßig unter vergleichbaren
Umständen erhobenen Antworten auf die „Sonntagsfrage“ sind jedoch nur
wenige Umfragen. Deren Ergebnisse jedoch und die oft nur über Monate
hinweg nachvollziehbaren Entwicklungen der politischen Stimmung sind
meist nicht spektakulär genug für rasche publizistische Ernte. Merkel
ist im Übrigen bei aller Nüchternheit genug Populistin, um zu wissen,
dass ihr der Titel „Liebling der Wirtschaft“ eher schadet, wenn er
sich im nächsten Jahr verfestigt. Kanzler wird nur, wer sich
glaubhaft mit den täglichen Problemen und Hoffnungen der
Mittelschicht auseinandersetzt – zu lautes Lob aus den Chefetagen ist
da nicht unbedingt hilfreich.
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Südwest Presse
Lothar Tolks
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