Südwest Presse: KOMMENTAR zu NEONAZI-MORDE

KOMMENTAR zu NEONAZI-MORDE

Ausgabe vom 12.09.2012 Tarnen, tricksen, täuschen – über das
alltägliche Handwerk von Geheimdienstlern haben wir uns ja nie
Illusionen gemacht. Der Umgang mit einer Kundschaft, die sich selbst
in Grauzonen oder jenseits von Recht und Gesetz zu tummeln pflegt,
ist wohl nichts für Zartbesaitete oder Tugendwächter. Doch dass die
Behörden auch bei Auswertung und Weitergabe von Informationen
vertuschen und vernebeln, geht zu weit. Man sieht, dass die bisher
vom Bundesinnenminister geplanten Reformen längst nicht reichen. Das
Eigenleben, das die verschiedenen Dienste und Landesämter
nachweislich führen, muss ein Ende finden. Da langt es nicht, in der
nächsten Woche mit großem Brimborium die Eröffnung der neuen
Rechtsextremismus-Datei zu feiern. Ein Umbau an Haupt und Gliedern
ist überfällig, Doppelstrukturen wie der Militärische Abschirmdienst
sind von Übel. Schon wieder wurden die Schlapphüte bei dem Versuch
ertappt, das Parlament als ihren obersten Kontrolleur hinters Licht
zu führen. Gelöschte Akten, nicht weiter verfolgte Spuren, verlegte
Dossiers – das Sündenregister der Dienste im Schatten der
Neonazi-Mordserie ist erschütternd. Weitere personelle Konsequenzen
sind unabweisbar. Die Politik darf sich nicht länger auf der Nase
herumtanzen lassen. Sonst ereilt sie der berechtigte Vorwurf, auf dem
rechten Auge blind zu sein. Dieser Verdacht wäre allerdings
unerträglich.

Pressekontakt:
Südwest Presse
Lothar Tolks
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