Zum wiederholten Male schon muss sich Christian Wulff
dafür rechtfertigen, Gefälligkeiten guter Freunde entgegengenommen zu
haben. Ist daran denn etwas Verwerfliches? Im Prinzip nicht. Auch
ehemalige SPD-Bundeskanzler haben schon bei Künstlerfreunden ihren
Urlaub verbracht, und der heutige Grünen-Chef Cem Özdemir erhielt vor
Jahren das fünfstellige Darlehen eines bekannten PR-Managers. Cosi
fan tutte – so machen–s doch alle, könnte man also meinen. Bei
unserem Bundespräsidenten sollten wir allerdings besonders kritisch
hinschauen. Für ihn wäre es äußerst problematisch, wenn sein
persönliches Verhalten Zweifel daran aufkommen ließe, ob er als
moralische Autorität taugt. Schließlich wirkt Deutschlands
Staatsoberhaupt vor allem durch sein Wort. Seine Reden und Appelle
können Maßstäbe setzen und Tugenden einfordern. Freilich nur dann,
wenn die Glaubwürdigkeit des Amtsinhabers nicht darunter leidet, dass
er es selbst mit den Geboten des Anstands und der Lauterkeit nicht
immer so genau nimmt. Einen Bundespräsidenten in Misskredit sollten
und dürfen wir uns nicht leisten. Freundschaftsdienste können
Abhängigkeiten schaffen, gerade an den Schnittstellen von Politik und
Wirtschaft. Auch großherzige Geschenke sind selten frei von der
Hoffnung auf eine Gegenleistung, entweder materiell oder in Form von
Einfluss. Christian Wulff sollte daher alles auf den Tisch legen, was
aus der Vergangenheit noch aufzuklären ist. Es wäre nicht gut,
scheibchenweise immer mehr zu erfahren, was einen Schatten auf den
Bundespräsidenten zu werfen droht.
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Südwest Presse
Lothar Tolks
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