Südwest Presse: Kommentar zum Weltjugendtag

Der Weltjugendtag in Madrid war noch nicht eröffnet,
da kochte in Spanien schon die Debatte über die Rolle der
katholischen Kirche im säkularen Staat. Die Wut vieler junger Spanier
über fehlende Perspektiven, geplünderte Staatsfinanzen und eine
privilegierte Kirche, die ihnen nichts mehr zu sagen hat, entlud sich
in zum Teil gewalttätigen Demonstrationen gegen den Papst und die
Institution. Das katholische Großereignis findet nicht mehr in einem
störungsfreien Umfeld statt. Das könnte auch für den bevorstehenden
Papstbesuch in Deutschland gelten. Die Kirche steht in der Welt – und
hat sich dieser auch zu stellen. Debatten über eine enge Verquickung
von Staat und Glaubensinstitution werden sich auf Dauer nicht mehr
ignorieren lassen – auch nicht in Deutschland. Dazu haben die großen
Kirchen im vergangenen Jahr im Zuge der Missbrauchsaffäre zu viel an
Vertrauen verspielt. Schlimm ist das nicht. Eine offene Debatte birgt
mehr Chancen als Gefahren. Die beiden großen Kirchen haben in
Deutschland mehr Kraft, als dass sie nur in einem staatlich oder
kirchensteuerlich geschützten Schonraum überleben könnten. Sie tun
auch mehr – im Sozialen oder der Erziehung – als dass sie die
Auseinandersetzung nicht bestehen könnten. Und gerade die katholische
Kirche könnte gewinnen, würde sie sich Fragen der Zeit und Reformen
stellen. Debatten sind notwendig. Fair müssen sie sein. In Spanien
und in Deutschland.

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Lothar Tolks
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