Südwest Presse: Kommentar zur E-Mail-Überwachung

Es soll ja Verliebte geben, die ihre(n) Liebste(n) im
Überschwang der Gefühle schon mal als „Bombe“ bezeichnen. Oder als
„Granate“. Sie alle sollten sich hüten, solche explosiven
Liebeserklärungen per E-Mail zu verschicken. Denn nach allem, was nun
über die Überwachung von Kommunikationsdaten durch die
Nachrichtendienste offenbar ist, genügt allein die Verwendung solcher
Begriffe, um ins Fadenkreuz der James Bonds unserer Zeit zu geraten.
Und schon hat Katharina Blum ihre Ehre verloren. Willkommen im
Schnüffelland? Diesen Eindruck muss gewinnen, wer hört, dass 37
Millionen E-Mails überprüft worden sind, aus denen dann 213 für
Geheimdienste verwertbare Hinweise resultierten. Hier schießen
staatliche Institutionen mit Kanonen auf ihre Bürger. Allein schon
die Verhältnismäßigkeit rechtfertigt diese Überwachung nicht. Da
zieht auch die gern ins Feld geführte Begründung nicht, wer nichts zu
verheimlichen habe, müsse auch nichts befürchten. Eine Grundfeste
unserer Demokratie und unseres Wertesystems ist die unantastbare
Intimsphäre. Sie fußt auf dem Ur-Vertrauen des Staates in seine
Bürger und nicht darauf, dass dieser Staat hinter jedem Zweiten im
Land einen Terrorsympatisanten oder Kriminellen vermutet. Die
Politik, die liberale allemal, sollte die Staatsschützer zu Raison
rufen und auf Kernaufgaben zurückstutzen. Etwa die, das Land vor
rechtem Terror zu schützen, anstatt Verliebte auszuspionieren.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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