Die Debatte um die Zulässigkeit von Trödelmärkten am
Sonntag spiegelt die gesellschaftliche Entwicklung der vergangenen
Jahrzehnte wider. Während man früher fast überall sonntags vor
geschlossenen Türen stand, selbst wenn man nur rasch etwas kaufen
wollte, sind die Geschäfte mittlerweile an vielen Orten geöffnet. Und
doch stellt sich damals wie heute die gleiche Frage: Was dürfen wir
am Tag des Herrn tun, was nicht?
Backstuben, Blumenläden und Tankstellen sind hierzulande sieben
Tage lang die Woche geöffnet. Ohne Zweifel wird dann gearbeitet,
obwohl an Sonn- und Feiertagen in der Regel nicht gearbeitet werden
darf. Im Laufe der Zeit sind immer mehr Ausnahmen zugelassen worden
und damit schleichend zur Regel geworden. Kein Wunder, dass auch
gewerbliche Flohmarkt-Händler darauf dringen, am siebten Tag Geld
verdienen zu dürfen.
Auf der anderen Seite pochen die Kirchen aus religiösen Gründen
auf den Sonntagsschutz und befinden sich dabei in bester Gesellschaft
mit den Gewerkschaften. Die Argumente leuchten ein: Der Sonntag ist
ein besonderer Tag. Ein Tag, an dem nicht gearbeitet werden darf, um
sich zu erholen und aufzutanken. Ein Tag, an dem man Muße und Zeit
für die Familie haben soll. Ein Tag zum Ent- und nicht Beschleunigen.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Regelung der
Sonntagsflohmärkte versucht, die beiden gegensätzlichen
gesellschaftlichen Strömungen zu bedienen. Man lässt einige
Trödelmärkte zu und tröstet damit die Händler, die um ihre Existenz
fürchten. Aber man verpasst den Märkten gleichzeitig ein strenges
Korsett und unterstreicht damit den freizeitlichen Charakter, um die
Kirchen nicht zu vergraulen. Die Lösung fällt mithin so aus, dass sie
niemanden richtig zufriedenzustellt und keinem weh tut. So etwas
nennt man pragmatische Politik.
Auch Politiker dürfen allerdings gerne einmal grundsätzliche
Gedanken äußern. Da wäre zum Beispiel die spannende Frage, welche Art
von Gesellschaft sie haben wollen. Man muss nur ins Nachbarland
Frankreich schauen, um zu sehen, wohin die ständige Beschleunigung
führt. Dort wird in vielen Supermärkten und Einkaufszentren sonntags
bis 20 oder 21 Uhr gearbeitet, und der zweite Weihnachtstag ist ein
normaler Arbeitstag.
Wer einer solchen Entwicklung Einhalt gebieten will, muss
beizeiten Zeichen setzen. Das neue Gesetz zu den Sonntagsflohmärkten
wäre eine passende Gelegenheit gewesen. Weil sie verpasst wurde, nagt
der Zahn der Zeit weiter am Sonntag.
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Trierischer Volksfreund
Thomas Zeller
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