Trierischer Volksfreund: Rücktritt Bundesverteidigungsminister zu Guttenberg – Leitartikel Trierischer Volksfreund, 02.03.2011

Auch bei seinem Rücktritt fand Karl-Theodor zu
Guttenberg wieder kein Wort der Scham für die plagiierte
Doktorarbeit, kein Wort über die Motive, sie so einzureichen. Die
„enorme Wucht der medialen Betrachtung“ sei schuld, dass er weiche,
sagte er. Es kommen einem die Tränen. Erstens war es vor allem die
wissenschaftliche Betrachtung, die seine Arbeit als Versuch der
Erschleichung eines Doktortitels mittels eines ganz banalen Plagiats
enthüllte. Und was die mediale Betrachtung angeht, so hat sich
Guttenberg samt Gattin bisher in ihr regelrecht gesonnt.

Es stürzt keiner, wenn die Partei nicht will. Und die Partei will
nicht. Das hat CSU-Chef Horst Seehofer vor einer Woche gesagt, als
Guttenberg blieb. Jetzt, da er geht, gilt der Umkehrsschluss. Die
Partei wollte es so. Hinter vorgehaltener Hand ohnehin, aber zuletzt
auch immer offener mehrten sich in der Union die Stimmen der Distanz.
Das Bewusstsein wuchs, das man einem aufgesessen war, der seine
Karriere mit einer Täuschung begonnen hatte. Seiner Glaubwürdigkeit
beraubt, wirkte der mögliche künftige Kanzler plötzlich nackt wie der
Kaiser ohne Kleider. Zuletzt war er vielen nur noch peinlich.

Für Angela Merkel ist der Vorgang ein Desaster. Denn Guttenberg
war ja nicht irgendwer, er war der Star ihres Kabinetts. So einer
fehlt nun. Und die Kanzlerin persönlich hat bis zuletzt zu ihm
gehalten. Das schützt sie jetzt zwar vor Dolchstoßlegenden aus der
CSU, bei vielen Bürgern aber, erst recht in der Wissenschaftswelt,
steht sie als Zauderin da und als eine, die Werte wie Anstand und
Ehrlichkeit im Zweifel der tagespolitischern Opportunität opfert.
Auch das Image der Kanzlerin hat in dieser Affäre gelitten. Merkels
zweites Problem sind die Unwägbarkeiten der Nachbesetzung. Die
Personaldecke der Union ist nach all den Abgängen in den Ländern
inzwischen hauchdünn, die der CSU noch mehr. Wenn Merkel jetzt an
einer Stelle Löcher stopft, wird sie anderswo neue reißen. All das
wird den Bürgern nun bewusst, auch jenen in Rheinland-Pfalz,
Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt, die unmittelbar vor wichtigen
Landtagswahlen stehen. Dabei ist die Stimmung dort ohnehin schon
schwierig genug.

Pressekontakt:
Trierischer Volksfreund
Thomas Zeller
Telefon: 0651-7199-544
t.zeller@volksfreund.de