Trierischer Volksfreund: Zu den Stresstest-Ergebnissen des französischen Atomkraftwerks Cattenom: Leitartikel Trierischer Volksfreund, 29.11.2011

Das, was der von Rheinland-Pfalz beauftragte
Beobachter des Cattenom-Stresstests gestern vorgestellt hat, war
nicht überraschend. Das meiste davon war schon bekannt, etwa durch
die Inspektion der franzöischen Atomaufsicht. Cattenom ist nicht
ausreichend auf ein starkes Erdbeben vorbereitet, und offenbar nimmt
der Betreiber, der französische Energiekonzern EDF, international
gültige Sicherheitsstandards nicht sonderlich ernst. Auch schert er
sich reichlich wenig um EU-Vorgaben für die Stresstests der
europäischen Atomkrafwerke. So wurde eben nicht getestet, ob die
Anlage einen Flugzeugabsturz überstehen könnte.

Überraschend allenfalls die Schlussfolgerung, die der anerkannte
Atomexperte aus seinen Erkenntnissen zog: Der Betreiber müsse, die
von ihm selbst festgestellten Mängel so schnell wie möglich
beseitigen. Schneller jedenfalls als in dem 390 Seiten umfassenden
EDF-Bericht vorgesehen, nämlich spätestens bis 2020.

Zu der von vielen Politikern in der Region und auch von der
rheinland-pfälzischen Energieministerin gestellten Forderung,
Cattenom abzuschalten, kann und will er sich nicht durchringen. Er
wertet ganz im Sinne eines nüchternen Wissenschaftlers Fakten aus. Er
sieht seine Aufgabe nicht darin, einem Nachbarland weitergehende
Ratschläge zu erteilen oder sich in seine Atompolitik einzumischen.

Das mag den einen oder anderen Politiker enttäuschen. Doch –
realistisch gesehen – wird die berechtigte Forderung nach einer
sofortigen Abschaltung von Cattenom in Frankreich ungehört verhallen.
Warum soll sich ein Land von einer Region vorschreiben lassen, wie es
mit einem, wenn auch veralteten und pannenreichen Kernkraftwerk
umzugehen hat?

Trotzdem ist es nicht unwahrscheinlich, dass die vier Reaktoren,
die vom Saargau aus nur einen Steinwurf entfernt zu sein scheinen,
doch in absehbarer Zeit vom Netz gehen. Aber nicht, weil Politiker
und Bürger jenseits der französischen Grenze das wollen. Auch nicht,
weil die EDF doch noch zur Besinnung kommt. Nein. In Frankreich macht
sich langsam aber sicher ein Umdenken bemerkbar. Die Zahl der
Atomgegner wächst. Und Sozialisten und Grüne haben versprochen, fast
die Hälfte der Atomkraftwerke in den nächsten 14 Jahren abzuschalten,
wenn sie die Wahlen im nächsten April gewinnen. Es besteht also
Hoffnung.

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Thomas Zeller
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