Umstrittenes Autokältemittel R1234yf:Heimlichtuerei um TÜV-Gutachten geht weiter

Pressemitteilung

Autohersteller und Verband der Automobilindustrie verweigern
Deutscher Umwelthilfe Einsicht in TÜV-Studie zum Kältemittel R1234yf
– Keine Reaktion der Autohersteller auf angekündigte Neubewertung der
Chemikalie durch Europäische Chemikalienagentur ECHA

Das Versteckspiel geht weiter: Der Verband der Automobilindustrie
(VDA) und die deutschen Autohersteller halten seit Monaten ein
Gutachten des TÜV Süd unter Verschluss, auf dessen Grundlage sie die
Unbedenklichkeit des umstrittenen fluorierten Kältemittels für
Autoklimaanlagen R1234yf behaupten. Anfragen der Deutschen
Umwelthilfe e.V. (DUH), des Berufsverband Feuerwehr e.V. und von
Medienvertretern, die Originaluntersuchung einsehen zu dürfen, werden
konsequent abgelehnt. Der VDA verweist die DUH auf die
Autohersteller, in deren Auftrag der TÜV die Studie durchführte. Die
Hersteller wiederum leiten entsprechende Anfragen an den VDA weiter.

„Entweder das Gutachten des TÜV Süd hält, was die Autoindustrie
verspricht. Dann gibt es keinen Grund, es der Öffentlichkeit
vorzuenthalten. Oder aus der Untersuchung ergibt sich nicht das, was
der VDA öffentlich behauptet“, sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen
Resch. „In jedem Fall ist die fortgesetzte Heimlichtuerei um das
Gutachten ein Skandal.“ Resch wirft dem Verband der
Automobilindustrie vor, die Risiken des neuen Kältemittels bewusst zu
verschleiern.

Nach Überzeugung der Umweltschutzorganisation gibt es gefestigte
wissenschaftliche Erkenntnisse über die mit dem Einsatz der
Chemikalie R1234yf (chemisch: Tetrafluorpropen) verbundenen nicht
hinnehmbaren Risiken im Fall von Autobränden. So hatten mehrere
Studien der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)
und des Instituts für Chemie der Universität München die Gefahren
bestätigt. Mitte Februar hatte auch die Europäische
Chemikalienagentur (ECHA) angekündigt, eine Neubewertung des
umstrittenen Kältemittels vornehmen zu wollen. Damit wurde erstmals
von offizieller Seite auf EU-Ebene die von der Industrie behauptete
Unbedenklichkeit von R1234yf in Frage gestellt. Von Seiten der
Automobilindustrie gibt es auf diese Entwicklung bisher keine
Reaktion.

Im Gegenteil: Die behauptete Unbedenklichkeit wird vom VDA und
inzwischen auch anderen Institutionen eisern verteidigt.
Ausgangspunkt ist jedoch stets und ausschließlich die Untersuchung
des TÜV Süd. Die hat angeblich ergeben, dass alle zu betrachtenden
Unfallszenarien nachvollziehbar untersucht worden seien und sich
R1234yf in jedem Fall als harmlos erwiesen habe.

So ist nach einer Verbraucherinformation des TÜV Rheinland das
neue Kältemittel nicht gefährlicher als das derzeit in Pkw
eingesetzte (aber extrem klimaschädliche) R134a. Der TÜV Rheinland
bezieht sich dabei auf den Deutschen Feuerwehrverband (DFV) sowie
eine Vereinigung zur Förderung des Brandschutzes (vfdb). Der Deutsche
Feuerwehrverband, die Vertretung der freiwilligen Feuerwehren, hat
jedoch nach eigenen Angaben keine eigenen Tests durchgeführt, sondern
gründet seine Aussagen auf Informationsgespräche mit dem VDA. Die
vfdb wiederum hat auf ihrer Website lediglich einen Beitrag zum Thema
veröffentlicht – die Autoren sind allesamt Vertreter der
Automobilindustrie und des VDA.

„Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Öffentlichkeit für dumm
verkauft werden soll. Auf unbekannter Grundlage werden Persilscheine
verteilt, deren Wahrheitsgehalt niemand überprüfen kann und offenbar
auch nicht soll“, sagt die Projektleiterin PRO KLIMA bei der
Deutschen Umwelthilfe e.V., Eva Lauer.

Im Gegensatz zu den Vertretern der freiwilligen Feuerwehren sieht
der Berufsverband Feuerwehr e.V. große Risiken bei einem möglichen
Einsatz von 1234yf in Pkw-Klimaanlagen und fordert eine klare
Kennzeichnung der Fahrzeuge mit einem Gefahrensymbol. Der
Berufsverband Feuerwehr e.V. vertritt etwa 28.000 hauptberufliche
Feuerwehrleute, die für rund die Hälfte der Feuerwehreinsätze in
Deutschland verantwortlich sind.

Hintergrund:

R1234yf ist ein brennbares, farbloses Gas und soll seit Januar
2011 das bisherige, extrem klimaschädliche Kältemittel R134a ablösen.
Zwar weist die neue Chemikalie eine wesentlich geringere
Klimawirksamkeit als sein Vorgänger auf. Jedoch ist R1234yf brennbar
und bildet im Brandfall Fluorwasserstoff (HF). Mit Wasser, z.B. dem
Löschwasser der Feuerwehr, reagiert Fluorwasserstoff wiederum zu
extrem gefährlicher Flusssäure. Diese ist ätzend und ein starkes
Kontaktgift. Für Unfallopfer als auch für die Feuerwehrleute stellt
das ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar.

Die DUH betreibt gemeinsam mit dem Verkehrsclub Deutschland (VCD)
die Kampagne „PRO KLIMA: Effiziente Autoklimaanlagen mit natürlichen
Kältemitteln“. Ziel ist der Umstieg auf umweltschonende Klimatechnik.
Die Kampagne wird im Rahmen eines EU-Programms LIFE+ gefördert.
Natürliche Kältemittel wie CO2 sollen zur Anwendung kommen, da sie
ökologisch verträglich und kostengünstig verfügbar sind und
gleichzeitig die Sicherheit der Fahrzeuginsassen garantieren. Weitere
Informationen zur Kampagne unter: www.autoklimaanlage.info.

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH),
Hackescher Markt 4,10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-0, Mobil: 0171
3649170, E-Mail: resch@duh.de

Eva Lauer, Projektleiterin PRO KLIMA, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin, Tel.: 030 2400867-76, E-Mail: lauer@duh.de

Daniel Eckold, Pressesprecher, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin;
Tel.: 030 2400867-22, Mobil: 0151 55017009,E-Mail: eckold@duh.de