WAZ: 400 Seiten lästige Weisheiten. Kommentar von Alexander Marinos zur Wirtschaftsprognose

Wenn man es diplomatisch ausdrücken möchte, dann
kann man die Reaktion der SPD auf das Gutachten der Wirtschaftsweisen
als authentisch bezeichnen. Das Ergebnis passt den Sozialdemokraten
nicht in den Kram. Und weil man keine Lust hat, sich mit den
unangenehmen Argumenten auseinanderzusetzen, agiert man lieber mit
diffamierenden Kampfbegriffen wie „neoliberal“ und stellt einfach die
Methodik der Untersuchungen infrage – oder am besten gleich die
Existenz des Sachverständigenrates. Das ist dann nicht nur
authentisch, sondern irgendwie auch konsequent. Denn wann haben
Politiker je auf ihre Experten gehört? Neu ist nur, dass man sich
mittlerweile nicht mal mehr scheinheilig für die 400-Seiten-Werke
bedankt, um sie anschließend still zu ignorieren. Jetzt wirft man sie
gleich mit einem Rumms in die Ablage „P“. Und inhaltlich? Ist es
wirklich „hanebüchen“, einen Mindestlohn, der erst 2015 kommt, für
die aktuelle Konjunkturflaute verantwortlich zu machen? Verstünde die
SPD-Generalsekretärin etwas von Wirtschaft, dann wüsste sie, dass
Unternehmen ihre Investitionsbereitschaft von Erwartungen abhängig
machen. Leider hat die Koalition wenig unterlassen, um genau die
nachhaltig zu trüben.

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de