WAZ: Das Dilemma bei der Rente mit 63 – Kommentar von Stefan Schulte

Die Rente mit 63 kommt. Aber wie? Eigentlich wollte
die SPD früher in Rente schicken, wer 45 Jahre geschuftet hat. Dann
aber beharrte sie darauf, dass auch Jahre der Arbeitslosigkeit
gelten. Das muss man nicht verstehen, vor allem aber droht dadurch
eine neue Frühverrentungswelle nach altem Muster – mit 61 und schöner
Abfindung in die Arbeitslosigkeit, zwei Jahre später in Rente. Ein
Stichtag soll das nun verhindern, doch Zweifel bleiben angebracht.

Erkennt man Arbeitslosenzeiten nach dem 61. Geburtstag nicht mehr
an, wäre das Problem gelöst. Und eine neue Ungerechtigkeit
geschaffen: Es soll 61-Jährige geben, die unverschuldet arbeitslos
werden – sie wären dann doppelt bestraft. Weil das so offensichtlich
ist, bastelt die SPD an Ausnahmen, etwa bei Insolvenzen. Gut gemeint,
aber noch lange nicht wirklich gerecht. Soll etwa jemand, der von
einer Pleite betroffen ist, früher in Rente gehen dürfen als jemand,
dessen Firma einfach in einer Krise steckte, als sie ihn entließ?
Auch ungerecht.

Also bräuchte es weitere Ausnahmen, mit dem dummen Nebeneffekt,
dass der Stichtag wertlos und das Tor zum Missbrauch doch geöffnet
wird. Dieser Bredouille kann die Koalition nicht entkommen, egal, was
sie ins Gesetz schreibt.

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