WAZ: Der Trend geht zur Bahn. Leitartikel von Dietmar Seher

Rüdiger Grube ist ein leiser Manager. Aber ein
präsenter. Es kann passieren, dass er selbst zurückruft und sich
entschuldigt, wenn sich ein Bahnkunde über eine Verspätung beschwert
hat. Grube hat es geschafft, in den drei Jahren der Vorstandsarbeit
bei der Bahn AG die Deutschen wieder mit dem Verkehrsmittel zu
versöhnen. Verspätungen werden seltener. Die ICE sind bald repariert.
Bis jetzt halten sogar die Klimaanlagen dieser heißen Woche stand.
Grube ist anders als Vorgänger Mehdorn: weniger Boss, weniger
Weltökonom, dafür kundenorientierter, demütiger. Aber die Entwicklung
macht es dem Verkehrsmittel Bahn auch leichter. Der große Konkurrent,
das Auto, ist teuer geworden. Und die Billigflieger sind nicht mehr
so billig. In Großstädten ist es klüger, in den Zug zu steigen statt
im Stau zu stehen. Eine Milliarde Reisende in den ersten sechs
Monaten dieses Jahres haben das so gesehen. Die Trendwende hin zum
umweltfreundlichen Verkehrsmittel ist da. Dass auf der Schiene
Konkurrenz auftritt, bestätigt das eher. Unterstützt die Politik den
Trend? Eher nicht. Bund und Länder streiten, wie der Nahverkehr nach
2014 finanziert wird – und im Etat reichen die Gelder nicht mal für
die Hälfte der Investitionen. Es ist Rüdiger Grubes nächster Kampf.
Etwas mehr Mehdorn täte dabei gut.

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de