WAZ: Die Kita-Katastrophe. Kommentar von Tobias Blasius

Wenn die Berechnungen der Experten nicht trügen,
steuert NRW geradewegs auf eine Kita-Katastrophe zu. Das
bevölkerungsreichste Bundesland wirkt besonders schlecht vorbereitet
auf den gesetzlich verankerten Betreuungsanspruch, den vor allem
berufstätige Eltern in Großstädten ab Sommer 2013 für ihre Kleinen
geltend machen werden. Wer sich bei der Familien- und Berufsplanung
auf den seit Jahren bekannten Rechtsanspruch verlassen hat, wird im
Zweifel sogar die Gerichte bemühen. Der Mangel an Erzieherinnen und
Betreuungsplätzen dürfte binnen zwölf Monaten jedoch kaum mehr
aufzuholen sein. Statt sich weiterhin gegenseitig die Schuld
zuzuschieben, sollten sich Bundes- und Landesregierung schleunigst zu
einer nationalen Kraftanstrengung im Sinne der Kinder verabreden. Es
warten immerhin drei gewaltige Probleme, deren Lösung niemand recht
benennen kann. Erstens: Die Betreuungslücke muss kurzfristig durch
Quereinsteiger geschlossen werden, ohne die Qualität der
frühkindlichen Bildung auszuhöhlen. Zweitens: Der mit 2200 Euro
brutto schlecht bezahlte Erzieherberuf muss attraktiver werden, ohne
Kommunen und andere Träger finanziell zu überfordern. Drittens: Der
Ausbau, Neubau und Betrieb von Kindertagesstätten muss
entbürokratisiert werden, ohne die staatliche Aufsichtspflicht zu
verletzen. Es ist Zeit, der Kita-Katastrophe ins Auge zu sehen.

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