Es gibt Urteile, die muss man zweimal lesen.
Mindestens. Nicht, weil sie unverständlich wären. Eher, weil sie
überraschend eindeutig sind mit weitreichenden Folgen. Das
Bundesarbeitsgericht hat die Urlaubsregelung für große Teile des
öffentlichen Dienstes gekippt. Die Richter halten die im Tarifvertrag
für Bund und Kommunen festgelegte unterschiedliche Urlaubsdauer für
Junge und Ältere für rechtswidrig, weil sie eine
Altersdiskriminierung sei. 850000 Beschäftigte können jetzt bis zu
vier Tage mehr Urlaub erhalten. Aber der Tenor geht über den
öffentlichen Dienst hinaus und lässt sich auf weit mehr Arbeitnehmer
übertragen. Denn einer der Kernsätze im Kasseler Urteil heißt: Ein
gesteigertes Erholungsbedürfnis von Beschäftigten bereits ab dem 30.
oder dem 40. Lebensjahr ließe sich kaum begründen. Das klingt nach
Grundsatz. Es wird sich schnell herausstellen, ob auch die bei den
Ländern beschäftigten Lehrer und Polizisten davon profitieren. Für
den Staat also kann der Spruch teuer werden. Vielleicht auch für die
Privatwirtschaft, wo es in einigen Verträgen ähnliche Staffelungen
gibt? Werden die jetzt aufgeschnürt? Die Richter haben einen Damm
durchbrochen.
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