WAZ: Ein Urteil gegen Europa. Kommentar von Walter Bau

Wird das Europaparlament arbeitsunfähig, wenn dort
demnächst der eine oder andere Abgeordnete der Tierschutzpartei oder
der Rentnerpartei sitzt? Sicher nicht. Gleichwohl ist die
Entscheidung der Verfassungsrichter, die Drei-Prozent-Hürde bei der
Europawahl zu kippen, das falsche Signal. Die Richter sagen nichts
anderes als: Während der Bundestag mit einer Sperrklausel von sogar
fünf Prozent vor der Zersplitterung geschützt wird, können
Kleinstparteien in Straßburg nicht viel Schaden anrichten – weil das
Parlament ja sowieso nicht viel zu sagen hat. Diese schräge
Argumentation zeugt von einer erstaunlichen Unkenntnis der Richter
über die wachsenden Kompetenzen des EU-Parlaments. Und sie stützt all
jene Populisten, die das Haus als teure Quasselbude diffamieren – wie
etwa die Rechtsextremen, die nun womöglich auch bald dort mitmischen
werden. Schönen Dank nach Karlsruhe!

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