WAZ: Im Griff der Geheimdienste – Kommentar von Walter Bau

Ein Smartphone macht sich selbstständig. Wie von
Geisterhand bewegt, schiebt sich der Cursor durch die eingegangenen
E-Mails, flöht Adressenlisten, ruft nach Belieben Schreiben auf – mal
sehen, was es Neues gibt. Doch kein Geist gibt im Hintergrund die
Befehle, sondern Spione auf der Suche nach brisanten Daten.

Ob tatsächlich, wie betroffene Bundespolitiker vermuten, ein
Geheimdienst hinter den jüngsten Attacken auf Politiker-Handys
steckt, wird sich zeigen. Aber die Vorgänge werfen schon jetzt ein
Schlaglicht auf einen Aspekt der professionellen Schnüffelei, der
zuletzt von den politischen Querelen zwischen Berlin und Washington
überlagert wurde: Die technischen Möglichkeiten, über die die Dienste
verfügen, sprengen längst die Vorstellungskraft des Laien.

Handys werden per Fernsteuerung in Wanzen verwandelt, Nutzerkonten
bei sozialen Netzwerken zig millionenfach geplündert, Telefonate der
Bevölkerung ganzer Staaten gespeichert, interne Netzwerke von
Konzernen infiltriert. Motto: Erlaubt ist, was technisch geht.

Dies ist nicht etwa böswillige Schwarzmalerei, sondern Alltag. Das
Internet ist fest in der Hand der Geheimdienste. Und wie es scheint,
haben die sich bereits der Kontrolle der Politik entzogen.

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