WAZ: Junge Wähler – Kommentar von Tobias Blasius

Die Absenkung des Wahlalters wird gern als
Zauberformel gegen Politikverdrossenheit missverstanden. Die einfache
Rezeptur: Schenke 16-Jährigen das Stimmrecht und ernte demokratische
Beteiligung. Die Erfahrung aus anderen Bundesländern und aus
Kommunalwahlen lehrt, dass solche Erwartungen nur enttäuscht werden
können. Dennoch tut Rot-Grün gut daran, Wege zum Wahlrecht ab 16 auf
Landesebene ausloten zu lassen. Schulzeitverkürzung, Führerschein mit
17, selbstverständlicher Umgang mit Internetshopping – Jugendliche
müssen heute früh Erwachsenenreife beweisen. Warum nicht auch bei
einer Landtagswahl? Zumal gerade die Jungen in einer dramatisch
alternden Gesellschaft die Konsequenzen heute gefasster Gesetze
morgen auszubaden haben. Andererseits sind rechtliche Bedenken gegen
eine solche weitreichende Entkoppelung von Wahlalter und
Volljährigkeit nicht von der Hand zu weisen: Könnte man mit gleichen
Argumenten nicht auch das Wahlrecht ab 15 oder 17 fordern? Es ist
gut, dass NRW diese Debatte nun ernsthaft führen will. In einer
inzwischen erschreckend desinteressierten Ohne-mich-Demokratie ist
die Suche nach neuer Wahlaktivierung nicht die schlechteste Übung.

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