WAZ: Kinder, Politik und Wirklichkeit – Kommentar von Birgitta Stauber-Klein

Als Ursula von der Leyen noch Familienministerin
war, wollte sie mit ihrer Politik die Geburtenrate ansteigen lassen.
So setzte sie ab 2007 das Elterngeld durch und legte sich auf den
Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz ab 2013 fest. Zwar kämpfen die
Kommunen noch mit dem Kita-Ausbau, doch in den Städten hat sich für
Eltern, die Familie und Beruf miteinander verknüpfen wollen, eine
Menge getan. Ihr Ziel, die Geburtenrate positiv zu beeinflussen, hat
von der Leyen aber verfehlt. Die Wunschkinderzahl der immer weniger
werdenden Frauen und Männer im besten Elternalter ist nicht viel
höher als die tatsächliche Geburtenrate. Offenbar hat sich die
Gesellschaft darauf eingerichtet, dass sie aus vielen Singles und
Kleinfamilien besteht, die Großfamilie aber zur Rarität wird. Dieser
gesellschaftliche Wandel hat seinen Höhepunkt noch nicht erreicht,
und keine noch so großzügige Gabe der Familienpolitik wird den zähen
Prozess kurzfristig beeinflussen können. Im Gegenteil: Gerade die
Diskussion um das Betreuungsgeld für Eltern, die ihr Kleinkind nicht
in eine Kita schicken, legt die Zwanghaftigkeit offen, mit der in
Deutschland Elternschaft verbunden ist. Es einfach mal darauf
ankommen zu lassen und dann „das Kind schon schaukeln“ – das können
die europäischen Nachbarn besser.

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