Es ist kein Geheimnis, dass der Verfassungsschutz
die Linkspartei beobachtet. Die Praxis ist offen und legal, versteht
sich aber nicht (mehr) von selbst. Sie wirkt in diesen Tagen eher
befremdlich, weil sich das Amt zuletzt im Kampf gegen den
Rechtsextremismus nicht mit Ruhm bekleckert hat. Da drängt sich die
Frage auf, ob die Prioritäten noch stimmen. Man kann etwa die
„marxistische Plattform“ beobachten, Material sammeln, Dossiers
anlegen. Aber ihr Einfluss auf die Partei ist beschränkt. Für einen
Pauschalverdacht fehlt jede Begründung. Die Linke ist nicht
verfassungsfeindlich. Auch das wurde höchstrichterlich festgestellt.
Es ist übertrieben, die halbe Führungsspitze der Fraktion
systematisch zu bespitzeln. Die Regierung kann sich nicht mit dem
Hinweis aus der Affäre stehlen, dass die Beobachtung legal sei. Der
Innenminister muss sich schon die Mühe machen, die Praxis neu zu
begründen. Was heute noch selbstverständlich erscheint, kann sich
morgen überlebt haben. Gerade der Verfassungsschutz lebt von der
gesellschaftlichen Akzeptanz. Er muss die Beobachtung der Linkspartei
erklären können. Oder abstellen.
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