In der Theorie klingt das richtig gut. Eine Schule,
in der Lehrer und Schüler miteinander den Alltag teilen, voneinander
lernen, einander helfen. Der Fehler dieses Systems: Es schafft Nähe –
auch dort, wo sie gar nicht angebracht ist. Für Pädophile, die zu
Übergriffen neigen, ist solch ein System ein Geschenk. Solange diese
Form des Zusammenlebens zwischen Lehrern und ihren Schutzbefohlenen
zum tragenden Konzept gehört, läuft die Odenwaldschule Gefahr, immer
wieder von Skandalen eingeholt zu werden. Selbst das
„Vier-Augen-Prinzip“, das stets eine zweite Lehrkraft erfordert, kann
Übergriffe nicht verhindern. Nicht auszudenken, was passiert, wenn
sich Täter zusammentun. Wie freundschaftlich die Beziehung auch ist:
Schüler sind immer abhängig von ihren Lehrern. Deshalb brauchen sie
Distanz. Mit der heutigen Struktur ist die Odenwaldschule wohl nicht
zu halten.
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