WAZ: Totensonntag und Weihnachtsrummel. Kommentar von Walter Bau

Totensonntag. Der Tag, an dem die Protestanten der
Verstorbenen gedenken, so wie die Katholiken kürzlich an Allerseelen.
Ein stiller Tag der Erinnerung. So ist es jedenfalls gedacht. Manche
sehen die Ruhe dadurch gestört, dass die lärmigen Weihnachtsmärkte
vielerorts schon vor diesem Wochenende öffnen. Rummel statt Ruhe und
Besinnlichkeit. Ein Ärgernis? Nun ist ja niemand gezwungen, sich der
Drängelei der Weihnachtsmärkte auszusetzen, am Totensonntag selbst
bleiben die Buden ohnehin meist zu. Und die Kommerzialisierung der
Vorweihnachtszeit schreitet auch abseits der Märkte weiter voran. Man
muss nur in die Schaufenster der Kaufhäuser sehen. Und es sind noch
vier Wochen bis Heiligabend. Ein anderer Gedanke zum Totensonntag
stimmt bedenklicher: Immer mehr Menschen wollen, dass sich nach ihrem
Tod niemand an sie erinnert. Anders ist nicht zu erklären, dass über
40000 der 850000 Bestattungen 2011 in Deutschland anonyme
Beisetzungen waren, Tendenz steigend. Kein Grabstein, kein Name.
Viele wollen so den Hinterbliebenen nicht „zur Last fallen“. Eltern
und Großeltern, die sich nur noch als Last empfinden. Es fröstelt
einen bei diesem Gedanken.

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