WAZ: Zurück an den Verhandlungstisch
– Kommentar von Kai Wiedermann

Dass die kleine Lokführergewerkschaft GDL die Wut
von Millionen Pendlern und Schimpftiraden aus der Wirtschaft ganz gut
aushalten kann, hat sie 2007/2008 schon einmal bewiesen. Über Wochen
legte sie mit Streiks den Personen- und Güterverkehr lahm. GDL-Chef
Claus Weselsky gilt seitdem als harter Knochen. Diesmal will er mit
aller Macht einen Tarifvertrag für alle Lokführer und höhere Gehälter
durchsetzen. Dabei scheint es ihm nicht nur um seine 26 000
„Leute“ zu gehen. Er will auch der mitgliederstärkeren Konkurrenz –
der Gewerkschaft EVG – zeigen, wie Arbeitskampf geht. Die hat mit den
Privatbahnen bereits einen Tarif ausgehandelt samt Mindeststandards
für den Personennahverkehr. Sollte die GDL ihre Drohung wahr machen
und den Arbeitskampf erneut über Wochen hinziehen, würde sie der
Akzeptanz der Schiene als Alternative zur Straße schaden. Das kann
nicht in ihrem Sinne sein. Sie würde aber auch die Exportwirtschaft
und damit die Konjunktur in Deutschland treffen. Das stärkt zwar ihre
Position, gibt der GDL aber auch eine gesamtgesellschaftliche
Verantwortung. Ein Streit lässt sich nur durch Verhandlungen,
Schlichtung und Kompromisse lösen. Es ist an der Zeit, dass
Arbeitgeber und GDL ihre Gespräche wieder aufnehmen.

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