Ein schnöder Auspuff ist etwas für Autos.
Motorräder brauchen Schalldämpfer. Die Dinger scheinen
materialisierter Appell zu sein an die letzten Reserven rebellischen
Geistes, den sich Biker unterm Integralhelm bewahrt haben. Was sonst
sollte – wie die Polizei schätzt – fünf bis zehn Prozent der Halter
dazu veranlassen, mit Motorrädern durch die Gegend zu brettern, deren
Abgasanlage manipuliert oder defekt, in jedem Fall aber zu laut ist?
Vielleicht ist es das Bedürfnis nach sattem Sound, den in voller
Fahrt alle besser hören als der Verursacher selbst. Oder eine Art
pubertärer Spieltrieb? Wie damals beim Mofafrisieren, was ja auch
eine Menge Ärger gebracht hatte. Dem Vernehmen nach ist es
kinderleicht, den sogenannten Dezibel-Killer aus dem Rohr zu
schrauben und der Umgebung auf die Nerven zu fallen. Mit Ehrgeiz kann
es nicht viel zu tun haben. Es reicht in etwa zu wissen, wann man
sich nicht die Finger an der Maschine verbrennt. Fünf bis zehn
Prozent, das sind allein in Niedersachsen und Bremen mehr als
400
egal ist, dass sie andere belästigen. Wer gar nicht schrauben kann,
dreht einfach ordentlich den Gasgriff auf, wenn ihm nach Freiheit und
Abenteuer zumute ist. Unendlich schwierig scheint es dagegen zu sein,
Austauschschalldämpfer nach einheitlichen europäischen Standards zu
beurteilen. Die Motorradhersteller beklagen, dass der Ersatz lauter
sein dürfe als die Serienausstattung. Und wer legt fest, in welchem
Geschwindigkeits- oder Drehzahlbereich Lärmmessungen vorgenommen
werden, um ein Motorradmodell zuzulassen oder nicht? Das
Umweltbundesamt, das sich auch mit dem Thema Verkehrslärm befasst,
vermisst ein einheitliches Verfahren. Und für die Polizei ist es
nicht einfach, bei Kontrollen an der Straße festzustellen, ob sie es
mit einem Verstoß zu tun hat. Der baden-württembergische Vorstoß für
eine Bundesratsinitiative ist ein wichtiger Schritt, um die offenbar
vielfältigen Regelungen zu strukturieren und ihr Handhabung zu
verbessern – auch wenn Niedersachsen die Straßenverkehrsordnung für
ausreichend hält und schon lange Streckensperrungen mit Lärmschutz
begründet. Schade für die Motorradfahrer. Aber ein paar wenige unter
ihnen haben es verbockt. Mit der richtigen Schalldämpfung wären
Verbote nicht nötig gewesen. Es bleibt eben entscheidend, was hinten
rauskommt.
Pressekontakt:
Weser-Kurier
Produzierender Chefredakteur
Telefon: +49(0)421 3671 3200
chefredaktion@Weser-Kurier.de