Jürgen Trittin muss sich noch gedulden. Die von ihm
beschworene „Merkel-Dämmerung“ ist noch nicht am Horizont
auszumachen. Doch das Regieren wird für die Kanzlerin immer
schwieriger. Und gewiss nicht einfacher, je näher die Bundestagswahl
im Herbst 2013 rückt. Vor allem die FDP ist emsig dabei, an ihrem
Profil zu feilen. Im Kampf gegen hohe Strompreise macht sie Tempo,
die zusätzlichen Kosten beim Betreuungsgeld nutzt sie, um das
ungeliebte Projekt ganz infrage zu stellen. Auch bei Themen wie
Praxisgebühr oder Frauenquote werden die Liberalen künftig noch
stärker Kante zeigen. Es bleibt ihnen schließlich auch gar nichts
anderes übrig, die Partei kämpft um ihr politisches Überleben. Doch
manche in der Union wurmt eine zunehmend selbstbewusst auftretende
FDP. Bei der vergangenen Bundesratssitzung haben gleich drei
CDU-Ministerpräsidenten gegen die Parteilinie gestimmt. Nicht
zufällig hießen die Themen Frauenquote und Mindestlohn – Themen, bei
denen mit den Liberalen gar nichts geht. Dass Landesregierungen aus
Landesinteressen gegen die Parteilinie stimmen, ist nicht neu. Auch
ein Kanzler Gerhard Schröder konnte im Steuerstreit nur dank
CDU-Schützenhilfe im Bundesrat gewinnen. Doch dafür gab es ein dickes
Dankeschön in bar. Die aktuellen Fälle liegen anders: Es sind keine
Länderinteressen ausschlaggebend, sondern politische Inhalte. Man
könnte auch sagen: Schwarz und Rot üben schon mal. Offiziell ist eine
Große Koalition für CDU und SPD kein Thema. Doch die Gräben zwischen
Schwarzen und Roten sind flacher geworden. Man denke an die
Energiewende, die Wehrpflicht, selbst Mindestlohn ist in der Union
kein Unwort mehr. Doch bis Merkel vielleicht erneut mit einer Großen
Koalition regieren kann, wird sich Schwarz-Gelb noch über die Runden
retten. So lange die FDP ums Überleben kämpft, die CSU auf die
Bayern-Wahl 2013 schielt und die Kanzlerin gegen die Euro-Krise
kämpft, hat sie gar keine andere Wahl.
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