Weser-Kurier: Der Weser-Kurier (Bremen) kommentiert in seiner Ausgabe vom 13. Februar 2012 die Abwahl des Duisburger Oberbürgermeisters Adolf Sauerland:

Verschätzt von Alexander Klay

Die Duisburger haben ihren Oberbürgermeister abgewählt. Fast 130
000 Bürger wollen Adolf Sauerland nicht länger auf seinem Posten
sehen. Anderthalb Jahre nach der Tragödie bei der Loveparade 2010,
bei der 21 Menschen starben, zwingen die Duisburger ihr
Stadtoberhaupt nun dazu, sein Amt aufzugeben. Freiwillig wollte er in
den vergangenen 18 Monaten nicht gehen, er klammerte sich an seinen
Sessel. Für viele Duisburger mag das eindeutige Wahlergebnis eine
späte Wiedergutmachung für ihre verletzten Gefühle sein. Für
Sauerland ist die Abwahl ein unmissverständliches Signal: Sein
Verhalten nach dem Unglück entsprach keinesfalls dem, was die
Bevölkerung von ihrem Stadtoberhaupt erwartet hatte. Denn die Abwahl
ist in erster Linie die Konsequenz aus Sauerlands unglücklichem
Auftreten unmittelbar nach dem Unglück. Damals mangelte es ihm an
Empathie und Sensibilität. Sauerland schien seinem Amt nicht
gewachsen zu sein. Hilflos und technokratisch versteckte er sich
hinter Floskeln. Keinesfalls wollte er den Eindruck erwecken, er sei
der Schuldige. Doch seine Aussagen und sein kurzzeitiger Rückzug aus
der Öffentlichkeit bewirkten das Gegenteil. Während die Menschen am
Unglücksort nach Orientierung suchten, bekamen sie keine Antwort auf
ihre Fragen. Damit schürte Sauerland den Zorn der Duisburger und
wurde über Nacht zu einer Hassfigur. Reflexartig schlug die Stimmung
um, wenn vom Oberbürgermeister die Rede war. Die Wunden, die
Sauerland gerissen hat, sind tief und nicht verheilt. Ob Sauerland
tatsächlich Schuld am Tod von 21 Menschen trägt, stand weder damals,
noch gestern bei der Abwahl im Mittelpunkt. Allein die Frage der
politischen Verantwortung des Oberbürgermeisters bewegte die
Duisburger. Dass Sauerland nach der Loveparade Fehler begangen hatte,
sieht er heute selber ein: Er habe „reagiert wie ein armes Schwein“,
soll er Parteifreunden gesagt haben. Diese Einsicht kam zu spät und
blieb folgenlos. Der drohenden Abwahl begegnete er mit
Wahlkampf-Rhetorik: Er legte Konzepte für den Strukturwandel vor,
gegen die Arbeitslosigkeit und Finanzprobleme der Stadt. Mit harten
Themen wollte zum Alltag zurückkehren. Die Wähler sind gestern nicht
mit ihm gegangen.

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