Dass Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière
2014 als NATO-Generalsekretär von Berlin nach Brüssel wechseln
könnte, ist derzeit zwar nur eine Spekulation. Aber sie ist ein
Zeichen dafür, wie angeschlagen der einstige Muster-Minister nach dem
Drohnen-Debakel, dem vom Verteidigungsausschuss gerügten
Hubschrauber-Kauf und den jetzt bekannt gewordenen Kostensteigerungen
beim Kampflugzeug Eurofighter ist. De Maizière, der seine derzeitige
Funktion kürzlich sarkastisch mit „Selbstverteidigungsminister“
beschrieben hat, kann bundespolitisch nichts mehr bewegen. Dass er
trotzdem noch im Amt ist, liegt wohl nur an der nahenden
Bundestagswahl und daran, dass sich Kanzlerin Angela Merkel so kurz
vor dem 22. September keinen weiteren Ministerrücktritt in ihrer
Union leisten kann. Immerhin sind in dieser Legislaturperiode mit
Franz Josef Jung, Karl-Theodor zu Guttenberg, Norbert Röttgen und
Annette Schavan schon vier Kabinettsmitglieder aus der Regierung
gestolpert. Auffallend auch: Würde Thomas de Maizière auf sein Amt
verzichten, wäre er der bereits dritte Verteidigungsminister in
Folge, der – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen – gescheitert
ist. Deshalb muss der Amtsinhaber vorerst durchhalten. Aber es
entspricht Angela Merkels Linie, ihr zwar loyal ergebene, aber
bedrängte Parteifreunde mit neuen Verwendungen aus der Schusslinie zu
nehmen: Der damalige baden-württembergische Ministerpräsident Günther
Oettinger geriet wegen einer missglückten Trauerrede für seinen
verstorbenen Amtsvorgänger Hans Filbinger politisch ins Straucheln –
wenig später wechselte er von Stuttgart als EU-Kommissar nach
Brüssel. Durch einen Wechsel zur NATO nach Brüssel könnte sich auch
Thomas de Maizière ohne Gesichtsverlust aus der deutschen Politik
verabschieden. Doch es ist unwahrscheinlich, dass ein geschwächter
Verteidigungsminister ein starker politischer Chef des
Verteidigungsbündnisses wird. Den jedoch bräuchte die NATO dringend,
um die zunehmend tiefere Kluft zwischen den USA und ihren
europäischen Partnern wieder zu verringern. Deshalb sollte sich
Angela Merkel nach einer anderen Alternative für de Maizière umsehen.
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