Westdeutsche Zeitung: Christian Wulff und die juristische Rehabilitierung = von Hagen Strauß

Die Farce des Rechtsstreits gegen Christian
Wulff hat nun endgültig ein Ende. Gut so. Hätte die
Staatsanwaltschaft Hannover ihren Antrag auf Revision nicht
zurückgezogen, wäre der juristische Skandal um den
Ex-Bundespräsidenten vollends perfekt gewesen. Denn man darf nicht
vergessen: Tausende von angeblichen Beweismitteln wurden im letzten
Jahr vor Prozessbeginn gesichtet, Dutzende Zeugen befragt, 24
Ermittler und vier Staatsanwälte befassten sich mit dem Fall.
Millionen hat der krampfhafte Versuch, Wulff auch rechtlich wegen
Bestechlichkeit und Vorteilsnahme zur Strecke zu bringen,
verschlungen. Am Ende ging es dann nur noch um eine Einladung zum
Oktoberfest und einen Betrag von 700 Euro. Im Verfahren selbst hat
die Staatsanwaltschaft dann ein ums andere Mal einen Offenbarungseid
geleistet, so dass es selbst dem Richter zu bunt wurde. Schon viel
früher hätten die Top-Juristen der niedersächsischen Landeshauptstadt
erkennen müssen, dass sie sich wie bockige, unbelehrbare Kinder
aufführen und dadurch dem Rechtsstaat mehr schaden als nützen. Haben
sie aber nicht. Umso mehr hat Wulff Bedauern und eine Entschuldigung
verdient, dass von dieser Seite so unwürdig mit ihm umgegangen worden
ist. Sein Freispruch ist nun rechtskräftig. Und das sollten auch jene
Medien endlich anerkennen, die mit dem Urteil immer noch hadern, die
sowohl nach dem Richterspruch im Februar als auch nach Wulffs
Buchvorstellung in dieser Woche wieder zum Halali gegen den
Ex-Bundespräsidenten geblasen haben. Es reicht. Wulff hat jetzt ein
Anrecht darauf, sein Leben weiter zu ordnen, sich neue Aufgaben zu
suchen. Die Zeit der gesellschaftlichen Ächtung ist vorbei. Außerdem
ist Wulffs Kritik am Verhalten von Teilen der Medien auf dem
Höhepunkt des Skandals ja berechtigt, sie ist kein Angriff auf die
Pressefreiheit. Heute weiß man sogar, dass der Wahrheitsgehalt
einiger Vorwürfe offenbar bewusst außer Acht gelassen worden ist und
damit auch Einfluss auf die rechtliche Bewertung der Vorgänge
genommen wurde. Wulff hat viele Fehler gemacht, sein Rücktritt war
richtig. Aber aus politischen Gründen, nicht aus juristischen.

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