Westdeutsche Zeitung: Europa braucht mehr Zusammenarbeit =
von Wibke Busch

Die junge, männliche Landbevölkerung in
Finnland – einem Land mit gerade 5,3 Millionen Einwohnern – wählte in
erster Linie die Rechtspopulisten. Sie wird möglicherweise das
Euro-Rettungspaket für Portugal stoppen und damit den Euro und mit
ihm die ganze EU an den Rand des Abgrunds bringen. Das ist die
Befürchtung, die der Wahltriumph der „Wahren Finnen“ in der EU
ausgelöst hat. Und als ob dies allein nicht schlimm genug wäre, sitzt
das Problem noch tiefer: Die Entwicklung im politischen Helsinki sagt
nämlich etwas über den desolaten Zustand der Union aus, die nichts
dringender braucht als eine rasche Wiederbelebung, um aus ihrer Krise
zu finden. Die Euroskepsis und die Populisten, die aus ihr ihre
Erfolge nähren, sind auf dem Vormarsch. In Deutschland hat bisher
keine rechtspopulistische Partei auf Bundesebene Fuß fassen können.
Aber auch hierzulande sehen viele Bürger die Union nur noch als Club
hochbezahlter Bürokraten, die die Glühbirne abschaffen und auch sonst
nicht viel Gescheites treiben. Die Euro-Krise wirkt da wie ein
Katalysator: Sein Land dürfe nicht „für die Fehler anderer bezahlen“,
sagt Finnlands Rechtspopulist Timo Soini. „Warum sollen wir mit
unserem Steuergeld dafür einstehen, dass die Griechen auf Pump im
Luxus lebten?“, war auch der Tenor der deutschen Debatte. Ist das
Projekt EU damit gescheitert? Hoffentlich nicht! Denn gerade
Deutschland profitiert wirtschaftlich von der Union. Und die in der
Nachkriegsära selbstverständliche Idee, durch Zusammenarbeit auf
Dauer Frieden und Wohlstand für alle zu sichern, bleibt richtig.
Dafür allerdings braucht es nicht weniger Zusammenarbeit, wie die
Populisten uns vorgaukeln wollen, sondern mehr davon. Es braucht
Regierungschefs, die nicht nur den kurzfristigen innenpolitischen
Erfolg vor Augen haben, sondern eine europapolitische Perspektive.
Regierungschefs, die bereit sind, über den nationalstaatlichen
Schatten zu springen und beispielsweise durch eine engere
Zusammenarbeit in der Finanz- und Wirtschaftspolitik eine neue
Euro-Krise zu vermeiden. Und die in der Lage sind, ihre EU-phorie
auch zu kommunizieren. Dann klappt das auch mit dem Bürger.

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