Die Banken stehen am Pranger. Wieder einmal nach
2008, dem Jahr, als das US-Bankhaus Lehman pleite ging – mit den
bekannten Folgen für die Weltwirtschaft. Diesmal aber sind es nicht
nur zahlreiche Experten und Politiker, die die Finanzwirtschaft
brandmarken. Diesmal gehen die Bürger auf die Straße. Die Bankenkrise
Teil 2 erfasst die Basis. Klar scheint, dass der schwarze Peter vom
mogelnden Griechenland zu den zockenden europäischen Banken gerutscht
ist. Die Banken seien es, so Kritiker, die das labile
Wirtschaftsgefüge in Europa ins Wanken bringen. Nun könnte – im Falle
einer Umschuldung Griechenlands – die Abschreibung auf Staatsanleihen
in Milliardenhöhe die Finanzhäuser selbst in die Knie zwingen. Das
Aus der belgischen Dexia-Bank hat einen Vorgeschmack auf ein solches
Szenario gegeben. Wie 2008 wären Milliarden Steuergelder notwendig,
um so genannte systemrelevante Banken zu retten – nicht um ihrer
selbst Willen, sondern um die Wirtschaft nicht sehenden Auges in ein
Chaos zu stürzen. Tausende wütende Bürger, die jetzt gegen die Macht
der Finanzwirtschaft demonstrierten, fragen sich: Haben die
Bankmanager nichts gelernt aus der jüngsten Krise? Ein derart
pauschaler Vorwurf wird den Geldinstituten aber nicht gerecht. Die
Bankenaufsicht hat Regeln zur Risikoabsicherung verschärft,
vielleicht nicht ausreichend genug. Doch muss eine weitere Frage
erlaubt sein: Sind die Banken die Wurzel allen Übels? Nein, denn die
Wahrheit ist viel komplizierter. Schon die Lehman-Pleite war nicht
nur der Gier von Investmentbankern geschuldet, sondern vor allem die
Folge einer verfehlten Zinspolitik in den USA. Der damalige
Notenbank-Chef Alan Greenspan hatte Geld derartig billig gemacht,
dass es für jedermann erschwinglich schien, sich auf Kredit ein Haus
zu kaufen. Die Immobilienkrise nahm damit ihren Lauf. Der folgende,
mit milliardenschweren Konjunkturprogrammen erkaufte Aufschwung war
denkbar kurz, die nächste Krise schnell da. Die Griechenland-Rettung
hat sich zu einer Staatenkrise entwickelt und aktuell zur
Bankenkrise. Verlierer wird am Ende der Steuerzahler sein. Kein
Wunder, dass fast jeder zweite Bürger dafür plädiert, Banken – auch
wenn sie systemrelevant sind – pleite gehen zu lassen. Doch das ist
ein Spiel mit dem Feuer. Niemand weiß, was in einem solchen Fall mit
unserer Wirtschaft, unseren Arbeitsplätzen und unserem Wohlstand
passiert. Für derartige Fälle gibt es keine Blaupause. Tatsächlich
ist die massive Verschuldung der Staaten das Problem. Die Politik
doktert an Symptomen herum, indem sie Banken mit mehr Eigenkapital
krisenfest machen will. Das ist zwar gut so, dürfte aber allein kaum
ausreichen. Sinnvoll wäre es, das riskante Investmentbanking vom
normalen Kreditgeschäft abzukoppeln. Dann könnten zockende Banken
endlich für ihre Verluste in die Pflicht genommen werden. Es kann
nicht sein, dass Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert
werden.
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Andreas Kolesch
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