Donald Trumps Entscheidung, die US-Sanktionen
gegen den Iran wieder in Kraft zu setzen, haben politisch schon jetzt
verheerende Konsequenzen. Wirtschaftlich werden die Folgen zwar nur
wenige Unternehmen hierzulande ganz unmittelbar treffen, langfristig
aber sehr viele mehr. Begründet hat der US-Präsident seine
Entscheidung außer mit der äußeren Bedrohung auch mit
Menschenrechtsverletzungen im Iran. Würden alle das Argument ernst
nehmen, müssten die Wirtschaftsbeziehungen zu vielen Staaten von
China bis Saudi-Arabien sofort abgebrochen werden. Gegner von
Sanktionen bauen stattdessen darauf, dass wachsender Wohlstand
automatisch politische Freiheiten fördert. Jede Sanktion löst im
Übrigen Phantasien aus, wie sie umgangen werden kann. Das war im Iran
bisher nicht anders. Und das wird auch nach 2018 so sein. Trotzdem
haben Sanktionen Folgen. Sie verlängern Exportwege und erhöhen die
Kosten. Das freut die Wettbewerber aus China, Indien, Russland und
der Türkei, die diese Probleme aus verschiedenen Gründen nicht haben.
Größer ist auch in Deutschland die Zahl der Firmen, die mittel- und
langfristig unter den Sanktionen und den Einschränkungen der
Handelsfreiheit im Allgemeinen leiden werden. Schon werden die ersten
Prognosen nach unten korrigiert. Mit jeder neuen fragwürdigen
Trump-Aktion wird es wahrscheinlicher, dass aus ihnen Realität wird.
Unmittelbar betroffen sind europäische Banken und Versicherer, die in
den USA Geschäfte machen. Das Risiko, dort bestraft zu werden, hielt
schon bislang die meisten ab, Geschäfte im Iran zu finanzieren oder
abzusichern. Die Aufforderung des neuen US-Botschafters in Berlin,
Richard Grenell, deutsche Firmen sollten sich schnellstmöglich aus
dem Iran zurückziehen, ist eine Drohung – und nicht die Art, wie man
mit Bündnispartnern umgeht. Trump treibt nicht nur einen weiteren
Keil ins westliche Bündnis. Er missachtet den Grundsatz, dass
geschlossene Verträge einzuhalten sind. So schwächt er die Rolle der
USA für lange Zeit. Schon fragt man sich: Was ist ein »Deal« wert,
wenn die Einhaltung von Personen abhängt? Angela Merkels Antwort
fällt deutlich aus: »Trump verletzt das Vertrauen in die
internationale Ordnung«, sagte die Kanzlerin auf dem Katholikentag.
Recht hat sie – auch in der Deutlichkeit. Vielleicht stärkt der
US-Präsident auf die Weise immerhin ungewollt den EU-Einigungsprozess
und speziell Emmanuel Macron. Denn Trump kann überhaupt nur so
agieren, weil die USA so groß und weitgehend autark sind – viel
größer und stärker als jeder europäische Staat für sich allein. Was
die direkten Folgen für deutsche Betriebe betrifft, die schon im Iran
investiert haben, hält die Politik keinen schnellen Ausweg bereit.
Die Regierung kann den Schaden, der durch Sanktionen eines anderen
Staates entsteht, nicht einfach übernehmen – rechtlich nicht und
finanziell auch nicht. Kein Zweifel besteht, dass das Regime in
Teheran und insbesondere die Hardliner im Hintergrund gefährlich sind
– wie gefährlich, das zeigten erneut die 20 Raketen, die in der Nacht
auf Donnerstag von iranischen Stellungen in Syrien auf israelisches
Militär abgefeuert wurden. Hinzu kommt Teherans Rolle als Sponsor von
Hisbollah und Hamas. Nicht zuletzt kollidiert der Anspruch,
Schutzmacht aller Schiiten zu sein, in der Region mit den Ansprüchen
Saudi-Arabiens. Gerade deshalb: Ein Iran ohne Atomwaffen ist weniger
gefährlich als ein Iran mit Atomwaffen. Und ein nicht idealer Vertrag
kann besser sein als gar keiner. Über die Themen, die der Atompakt
nicht regelt, muss verhandelt werden. Das ist mit dem Iran nicht
leicht, aber möglich. Und es ist besser als Krieg – noch mehr Krieg.
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