Während die Araber in vielen Ländern
revoltieren, bleibt Saudi-Arabien ruhig. Der König beruhigt seine
Untertanen mit Geld und erstickt jede Unruhe im Keim. An den Saudis
geht der arabische Frühling vorbei. Gründe zum Aufstand gibt es
genug: Das Königreich gilt als eines der autoritärsten und
repressivsten Länder der Welt. Kein Wunder, dass sich die Menschen
nach Freiheit und Demokratie verzehren. Gleichzeitig wird in
Deutschland über die Lieferung von Panzern und Sturmgewehren an
Saudi-Arabien debattiert. Denn der Gedanke, arabische Demonstranten
könnten mit Panzern und Gewehren »made in Germany« niedergemacht
werden, alarmiert inzwischen auch die Regierungsparteien. Es geht
wieder um die Wahl zwischen Moral und Geschäft: Sollten wir ein
System stärken, das die Menschenrechte mit Füßen tritt und Freiheit
und Demokratie missachtet? Dabei ist die Unterdrückung in
Saudi-Arabien erschreckend: Die Presse wird zensiert, Demonstrations-
und Religionsfreiheit sind Fremdwörter, demokratische Kontrollen
bleiben unbekannt, und Aufmüpfige werden öffentlich ausgepeitscht.
Frauen haben weniger Rechte als Männer, dürfen nicht Autofahren und
können nur wenige Berufe ausüben. Im Weltverfolgungsindex für
Christen rangiert Saudi-Arabien an zweitletzter Stelle – hinter
Nordkorea. Trotz dieser erbärmlichen Lage pflegt das Königreich beste
Beziehungen zum Westen. USA und EU profitieren seit langem von den
Saudis: Öl gegen Waffen – das ist eine bewährte Formel, wenn Gewinne,
Öllieferungen und die regionale Stabilität auf dem Spiel stehen.
Saudi-Arabien gilt zudem als Gegner iranischer Fundamentalisten. Das
hochgerüstete Saudi-Arabien, tönt es aus westlichen Hauptstädten, sei
ein Bollwerk gegen die iranische Gefahr. Somit überrascht es nicht,
dass der Westen das Königreich mit Samthandschuhen anfasst. Er
reagierte kaum, als Saudi-Arabien seine Truppen gegen die
Aufständischen in Bahrain schickte oder versucht hat, den inzwischen
verjagten ägyptischen Diktator Mubarak zu stützen. Die Saudi-Prinzen
fürchten ein Übergreifen der arabischen Revolte auf ihr Land und sind
empört, weil USA und EU Mubarak fallen gelassen haben. Denn sollte es
in Saudi-Arabien zum Aufstand kommen, könnte es ihnen ähnlich
ergehen. Selbst die saudische Polemik gegen den syrischen Diktator
Assad ist erklärbar: Die Saudis wünschen sich Assads Fall, um einen
Verbündeten des Iran loszuwerden. Das hat nichts mit Freiheit und
Demokratie in Syrien zu tun, sondern um die Vorherrschaft am Golf.
Für uns als überzeugte Demokraten sollte es selbstverständlich sein,
dass wir auf Seiten der arabischen Freiheitskämpfer stehen. Wer
Waffen an die repressiven Saudi-Prinzen liefert, verrät die Ideale
unseres Gemeinwesens: Freiheit und Demokratie dürfen nicht wohlfeil
verschachert werden. Das müssten wir spätestens seit der
Wiedervereinigung verinnerlicht haben.
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Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
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