Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen, sagte
einst der legendäre SPD-Fraktionsvorsitzende Herbert Wehner. Müssen
tut freilich keiner, auch Donald Trump nicht. Wehners Satz
funktioniert nur, wenn es drinnen weitergeht. Wie 1975 im Bundestag,
den die Unionsfraktion kurzzeitig verlassen hatte.
2019 hat Frankreich die G7-Präsidentschaft, und Emmanuel Macron
wird nach Biarritz einladen. Die Amerikaner können sich dann
entscheiden, ob sie kommen oder nicht. Im übernächsten Jahr aber
haben sie selbst den Vorsitz. Dann schlägt für dieses Gipfelformat
die Stunde der Wahrheit.
Die G7 sind eine Runde der wichtigsten demokratischen Staaten, die
dort bisher ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik abstimmten, um dann
weiterzugehen, zur globalen Politik. Von Aids bis Entwicklung.
Aufgrund dieses Charakters der Treffen gehörte Russland nur eine
kurze Zeit hier hin, nämlich als es auf dem Weg zur Demokratie war.
Jetzt – nach Krim-Besetzung und Schikanen gegen die Opposition –
nicht mehr. Und China hat dort mit seinem jetzigen System
grundsätzlich nichts zu suchen. Natürlich ist das G-20-Format mit der
Zeit bedeutender geworden. Aber es ist auch unverbindlicher, weil es
keine geistige Gemeinschaft gibt.
Je mehr Trump spaltet, umso mehr muss der Rest zusammenhalten. Das
ist die Konsequenz aus den Ereignissen in Kanada. Die G7
repräsentieren immer noch fast 30 Prozent der Weltproduktion, aber
selbst ohne die USA ist es noch ein Sechstel. Auch G6 würde sich
also lohnen. Wenn der Westen überhaupt keine starke und einige
Stimme mehr hat, dann bestimmen weniger sympathische Gesellschaften
Takt und Tempo in der Welt.
Dem Kurs der Kanzlerin kann man daher nur zustimmen. Kein Format
darf man zu früh aufgeben, keine Gesprächsmöglichkeit verweigern.
Aber man darf auch nicht wackeln. Deshalb ist es richtig, Trumps
mutwillige und rechtswidrige Zölle in gleicher Größenordnung zu
beantworten. In der Hoffnung, dass in den USA, wenn schon nicht beim
Präsidenten, dann doch bei seinen Wählern, die Einsicht wächst, dass
freier Handel für alle besser ist als Protektionismus. Und später
vielleicht die Einsicht, dass Multilateralismus besser ist als
America alone.
Angela Merkel und Emmanuel Macron (»Merkelon«) ist unversehens die
Rolle zugefallen, das westliche Rest-Bündnis zusammenzuhalten. Beide
sind nicht nur die Gegenspieler von Trump. Sie sind auch die
eigentlichen Gegenspieler von Putin, Xi, Erdogan und vielen anderen,
die ein Interesse an schwachen Demokratien und einem schwachen Europa
haben, um freie Bahn zu bekommen. Für ihre Wirtschaften und
Gesellschaftsmodelle. Wenn sich die G6 aber auch noch zerlegen, vor
allem Europa, dann ist dieser Kampf verloren.
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