Manche in der CDU halten das, was gerade mit
ihrer Partei geschieht, nur mit einer gesunden Portion Sarkasmus
aus. »Immerhin haben wir verhindert, dass Sawsan Chebli als
Integrationsministerin ins Kanzleramt zieht.« Solche spöttischen
Sätze machen bei CDU-Abgeordneten die Runde. Kurz zur Erinnerung:
Sawsan Chebli (SPD), Staatssekretärin der rot-rot-grünen Berliner
Landesregierung, hält das islamische Scharia-Recht für »absolut
kompatibel« mit dem Grundgesetz. In der CDU nimmt die Unruhe weiter
zu. Aus Sorge, dass eine Mehrheit der 463.723 SPD-Mitglieder gegen
eine weitere Große Koalition stimmen könnte, hat die Kanzlerin der
SPD mehr Zugeständnisse gemacht, als ihre Partei verkraften kann. Mit
diesen in erster Linie personellen Erfolgen sollen die »Sozis« nun
ihre Basis von der erneuten Regierungspartnerschaft mit der Union
überzeugen. Gut möglich, dass der SPD-Basis die Bürgerversicherung
mehr bedeutet als Olaf Scholz im Finanzministerium oder Martin Schulz
auf Reisen. Dass in der CDU einige auf ein Nein der SPD-Mitglieder
hoffen, ist ein offenes Geheimnis. Die Aussicht auf 40 Monate
»Weiter so« bis zur nächsten planmäßigen Bundestagswahl Ende
September 2021 hält nicht jeder in der CDU für erstrebenswert –
jedenfalls nicht mit diesem Kabinett. Denn in dieser Konstellation
hat sich die SPD schon bereit gemacht für die Zeit nach Angela
Merkel, die CDU nicht. Das sorgt für Nervosität in der Fraktion, weil
nicht absehbar ist, wie lange Schwarz-Rot hielte. Und in der
bisherigen Ministerliste drängt sich niemand auf, der einmal für die
Union in den Ring steigen könnte. Die zuletzt immer wieder als
potenzielle Merkel-Nachfolgerin gehandelte Annegret Kramp-Karrenbauer
soll offenbar Ministerpräsidentin im Saarland bleiben. Das Kanzleramt
ist kein Erbhof. Es ist eine abseitige Vorstellung zu glauben, dass
Angela Merkel ihren Nachfolger oder ihre Nachfolgerin bestimmen
könnte. Das entscheiden andere Personen. Aus dem CDU-Bundesvorstand
hört man, dass ein katholischer Mann aus dem Westen der nächste
Spitzenkandidat werden soll. Das Stellenprofil, nicht von ungefähr
ein Gegenentwurf zur protestantischen Frau aus dem Osten, trifft auf
mehrere namhafte CDU-Männer zu: Armin Laschet, Jens Spahn und Carsten
Linnemann. Während Jens Spahn noch schweigt, zeichnet Carsten
Linnemann den Kurs der Konservativen in der CDU vor. Ihnen geht es um
nichts weniger als die Zukunft einer Partei, deren Markenkern man mit
der Lupe suchen muss.
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