Der leere Stuhl in Oslo beschämt ein Regime, das
China wirtschaftlich zur Großmacht werden ließ. Peking mag noch so
wüten: Diese Blamage hat es sich selbst zuzuschreiben. Nichts ist
lächerlicher als ein Goliath, der wild um sich schlägt. Ein kleiner
David hat die Großmacht herausgefordert – mit nichts mehr als der
Forderung nach ein bisschen mehr Demokratie und Menschenrechten.
Damit ist Liu Xiaobo in den Augen des Regimes schon ein Verbrecher,
der für seinen Mut elf Jahre hinter Gittern büßen soll. Aus
chinesischer Sicht ist das nichts Ungewöhnliches: Hunderte sitzen aus
ebenso nichtigem Grund schon in Haft. Darunter sind Cui Weiping, Gao
Yu, Yang Hai Zhang Jiankang, und Zhang Zuhua. Sie alle wurden erst
nach der Bekanntgabe des Friedensnobelpreises verhaftet. Neben dem
Platz für Liu Xiaobo blieben in Oslo 15 weitere Stühle leer. Sie
gehörten den Vertretern von Staaten, die sich dem massiven Druck
Pekings beugten und nicht zur Zeremonie erschienen. So beschämend das
Verhalten der 15 Staaten ist, so viel Mut macht, dass die anderen
standhaft geblieben sind.
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