Westfalenpost: Kommentar zu Gewerkschaften/Arbeit/IG Metall/Metaller/Tarifrunde und Unternehmer-Selbstverständnis/Geld spielt nur noch eine Nebenrolle /Von Stefan Pohl

Das Trommeln der IG Metall zeigt Wirkung – auch bei
den Arbeitgebern. Das Geld scheint bei den Mitte März in NRW
beginnenden Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie
nur noch eine Nebenrolle zu spielen, wenn man die Worte von
Metallarbeitgeberchef Horst-Werner Maier-Hunke richtig deutet.
Verzichtete die Gewerkschaft jetzt auf ihre beiden anderen
Forderungen, die den Arbeitgebern richtig weh tun, nämlich nach
Mitbestimmung der Betriebsräte beim Einsatz von Leiharbeitern und
nach der unbefristeten Übernahme von Ausgebildeten – sie würde wohl
einen der höchsten Lohnabschlüsse ihrer Geschichte erzielen, mit
einer fünf oder sogar einer sechs vor dem Komma. So, mit dem
Gesamtpaket, beginnt ein Pokerspiel, dessen Ausgang unabsehbar ist.
Wer aber jetzt denkt, eine durch die immer noch brummende
Branchenkonjunktur und neue Mitgliederzuwächse kraftstrotzende IG
Metall werde die Bastionen der Arbeitgeber einfach niederrennen und
mit einer Vier vor dem Komma einen Sieg auf der ganzen Linie
einfahren, der könnte sich täuschen. Einmal wegen des unklaren
weltwirtschaftlichen Umfeldes – Stichwort mögliche offizielle
Griechenland-Pleite und die Folgen, nicht nur für deutsche Banken.
Aber auch deshalb, weil eine noch einmal um Leiharbeiter und junge
Ausgebildete erweiterte Mitbestimmung für viele kleinere
Mittelständler mit einem dezidierten Herr-im-Haus-Standpunkt deutlich
jenseits des Erträglichen wäre. Vier Prozent mehr Lohn würden sie
vielleicht so gerade noch zähneknirschend zustimmen, aber nicht mehr
der unbefristeten Übernahme auch der Jugendlichen, die sie nach der
Ausbildung lieber loswerden möchten. Oder dem künftigen Einspruch von
Betriebsräten bei der Einstellung von Leiharbeitern – für viele
Unternehmer sind das Zumutungen. Maier-Hunke weist deshalb zu Recht
darauf hin, dass die Durchsetzung dieser Gewerkschaftsforderungen aus
Arbeitnehmersicht unerwünschte Folgen haben könnten. Wie ernst die zu
nehmen sind, steht dahin. Noch übt die gute Konjunktur auf beide
Tarifparteien eine wohltuend mäßigende Wirkung aus. Es ist zu hoffen,
dass es während der Verhandlungen dabei bleibt.

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