Norbert Röttgen liefert den Büchsenspannern des
politischen Gegners in diesen Tagen unfreiwillig Munition. Der
CDU-Spitzenkandidat lässt ein klares Bekenntnis vermissen, unabhängig
vom Wahlausgang am 13. Mai nach Düsseldorf zu wechseln. Damit
gibt Röttgen Rot-Grün im NRW-Wahlkampf eine willkommene Steilvorlage.
Ein Gegenkandidat, der sich nicht mit Haut und Haaren zur Verfügung
stellt, hat den ersten Kardinalfehler schon hinter sich. Röttgen
taktiert, laviert und will sich nicht festlegen. In der CDU erlebt
das „Norbert-Blüm-Trauma“ eine Wiederkehr. Der Bundesarbeitsminister
hatte den Platz im Kabinett der harten Oppositionsbank in Düsseldorf
vorgezogen – und 1990 böse verloren. Heute plagt viele
Christdemokraten die Sorge, dass Röttgen die eigene Karriere in
Berlin wichtiger sein könnte als die Landespartei. Röttgen hat um den
CDU-Landesvorsitz gekämpft, vor der Mitgliederbefragung einen Wechsel
nach Düsseldorf in Aussicht gestellt. Nach der Wahl zum
CDU-Landeschef 2010 klingt die Einlassung verhaltener. Röttgen will
sich erst nach der NRW-Wahl festlegen. Der karrierebewusste Kandidat
jongliert mit vielen Bällen – zu vielen, glauben interne
Kritiker. Öffentlich will keiner im Wahlkampf als Nestbeschmutzer
auftreten. Parteien lieben keine Verräter. Zwei Monate vor der Wahl
ist Parteiraison Trumpf. Im CDU-Landesvorstand aber wächst die Sorge,
dass Röttgen in eine selbst gestellte Falle tappen könnte. Es
scheint, die breite Protestwelle hat den CDU-Minister überrascht.
Röttgen will Rot-Grün inhaltlich attackieren, muss aber ständig die
eigene Rolle rechtfertigen. Eine schwere Hypothek im Wahlkampf mit
Hannelore Kraft um die Führung der neuen Landesregierung. Kraft gibt
die bodenständige, volksnahe Landespolitikerin, Röttgen wirkt schon
mal wie ein Bundespolitiker auf Durchreise. Der 46-jährige
Rheinländer verfügt über Charisma, Kenntnisse und das Auftreten eines
Spitzenpolitikers. Glaubwürdigkeit und Bürgernähe aber sind im
Wahlkampf ebenso wichtig wie Sachverstand. Die NRW-Wahl ist eine
kleine Bundestagswahl. Wer hier gewinnt, spielt auch auf der
Bundesebene eine wichtige Rolle. Der Kandidat muss aber auch bereit
sein zum Dauerlauf.
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