Westfalenpost: Wenn Kinder spielen wie die Erwachsenen Kommentar von Nina Grunsky

Früher war alles besser, denn früher war alles aus
Holz – so der Seufzer, den ein mittlerweile in den Ruhestand
getretener, recht geschätzter Redaktionskollege bei jeder unpassenden
Gelegenheit tat. Nun, zum Start der Spielwarenmesse in Nürnberg,
scheint endlich einmal der richtige Tag dafür: Plüschtiere, die mit
dem Smartphone gefüttert werden, Rasseln mit Handyhalterung – die
Elektronik scheint die letzten Kuschelecken im Kinderzimmer zu
erobern. Aber das ist nichts Neues. Die Frage, wie viel Playstation,
wie viel Computer, Lichtorgel und Sound es für die Kleinen sein darf,
beschäftigt seit den 90er Jahren Eltern, Pädagogen, Hirnforscher. Die
Diskussion darüber war damals bereits nur eine Fortsetzung der
Debatte, ob der Fernseher ein guter Babysitter ist. Es ist längst
eine Binsenweisheit: Kinder müssen tasten, schmecken, riechen, hören
und fühlen, damit sich ihr Gehirn entwickeln kann. Und sie scheinen
das selbst am besten zu wissen. Wer Kinder einmal beobachtet hat, der
weiß, dass auch im Zeitalter der Digitalisierung jede Klopapierrolle,
jeder Zeitungsschnipsel, jeder Wattebausch, jeder Tannenzapfen im
Wald für Stunden ein spannendes Spielzeug sein kann. Eine Gefahr für
die Entwicklung der Kinder sind eher die Erwachsenen, die vergessen
und verlernt haben, die Kleinen dabei zu unterstützen und sie mit der
Technik allein lassen. Vermutlich, weil sie selbst viel zu oft mit
ihren eigenen Lieblingsspielzeugen beschäftigt sind – mit dem
Smartphone, Tablet, Computer. Wenn Vater und Mutter aber
ununterbrochen auf dem Touchpad herumtapsen, hilft das Steckenpferd
aus Holz im Kinderzimmer nichts.

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